Illustration: Super Quiet. Mehr Rückblicke findet ihr hier.
Das Elysia in Basel, der Blitz Club in München oder das Shelter in Amsterdam: Eine neue Generation von Clubs ist ganz und gar auf eine perfekte Wiedergabe der Musik ausgerichtet. Da freut sich der Musikfan. Aber wo bleiben da Partytaumel, Kontrollverlust, Absturz und Punk?
Die Bassdrum wummert nicht. Sie klingt klar und fest umrissen, als freundlich-bestimmtes Gegenüber führt sie dich durch die Nacht. Der Bass ist ein wohliges, warmes Bad, er fährt dir in den Bauch und trägt dich. Die Synthesizer klingen plastisch und flink, sie lassen dich staunen und Hi-Hats thronen majestätisch und unverrückbar über dem Getümmel auf dem Dancefloor.
Es ist ein No-Brainer, dass eine tolle Anlage eine Party zu einem besonderen Erlebnis machen kann. Das Elysia, der Blitz Club oder das Shelter versuchen da, neue Standards zu setzen. Im Konkurrenzkampf der Clubs um Alleinstellungsmerkmale reicht es heute nicht mehr, eine Funktion-One in einen nackten Raum zu stellen. Im 200 Quadratmeter großen Elysia steht eine Anlage, mit der man auch eine Party mit 10.000 Gästen ausrichten könnte. Der Innenausbau des Raums wird ganz und gar auf die akustischen Anforderungen der Anlage ausgerichtet.
Auf der einen Seite wird da dem Musikgott gehuldigt, auf der anderen wird das Clubbing so einmal mehr zu einer Luxusdienstleistung. Denn natürlich will die aufwendige Technik auch finanziert sein. Dabei war ein guter Sound in den viel beschworenen Anfangstagen der elektronischen Musik durchaus auch ein zentrales Thema. An den Soundsystems der stilbildenden Clubs in New York wurde über Jahre gefeilt. Disco-Übervater David Mancuso verbot den Einsatz von Mixern, weil sie den Klang des Vinyls verfälschen. Zwischen den Platten gab es so immer eine kurze Pause.
In den Neunzigern war man pragmatisch, was den Sound anging. Technopartys sollten auch für Party People mit kleinem Geldbeutel zugänglich sein. Und schließlich war die House Music ja zunächst der Versuch, die Discoszene unter den harten ökonomischen Bedingungen der Reagan-Zeit am Leben zu erhalten. Im Studio standen statt Band und Orchester nur eine Drum Machine und ein Synthesizer. Die elektronische Tanzmusik war einfach zu produzieren – und leicht zu reproduzieren. Denn dem unkomplizierten Klangbild waren auch günstige Anlagen gewachsen.
In den 2000ern kippte dieser Ansatz. Im digitalen Studio konnte auch komplexe Musik mit geringem Aufwand produziert werden. Gleichzeitig wurde die elektronische Musik immer stärker mit akustischer Musik verbunden. Die DJs wurden immer bekannter und besser bezahlt. So wuchs der Anspruch an den Sound aus einer ganzen Reihe von Gründen. Und die Veranstalter reagierten: Für die Fabric in London wurde ein System entwickelt, das den Sound an die Größe der Crowd Moment für Moment neu anpasst. Für den Cocoon Club in Frankfurt konzipierte Steve Dash eine PA für 700.000 Euro. Ebenso setzte das Bob Beaman in München bei seiner Eröffnung 2010 neue Standards.
Dennoch müssen wir uns fragen, wie diese neuen Ansprüche den Umgang mit der Musik verändern. Techno wird wie jede Form von Pop spannend, wenn die Musik zum einen im öffentlichen Raum in unkontrollierten Situationen stattfindet. Zum anderen gehört es zu einer gelungenen Party, auf Menschen zu treffen, mit denen du in deinem restlichen Leben nichts zu tun hast. Leider ist die Erfolgsgeschichte von Techno in den vergangenen zehn Jahren auch eine Geschichte der Segregation. Das Walfisch war einer der ersten Afterhourclubs im Nachwende-Berlin. Zu dessen Gästen gehörten neben den Ravern auch Zuhälter und Junkies. In den Nullerjahren ist der Brandenburg-Proll aus dem Berliner Nachtleben verschwunden. Techno wurde immer mehr zu einer Mittelstandsveranstaltung.
Die Optimierung der Klangqualität ist ein Impuls dieser Klasse, die sich auch durch ihre kulturelle Expertise von den Armen und den Reichen absetzt. So ist es jetzt an Elysia und Blitz Club, zu zeigen, dass dort auch Feierfreudige willkommen sind, die solche Distinktionsrituale nicht beherrschen.