Diverse – Funkadelic Reworked By Detroiters (Westbound)

Die schweren Grooves, die raumgreifenden Basslines, die irren Gitarrensolos und der mehrstimmigen Gesang von Funkadelic aus Detroit haben das Popgeschehen von den siebziger Jahren an bis heute mitgeprägt. Mit ihrer Sensibilität für afroamerikanische Lebensrealitäten und ihrer afrofuturistischen Mythologie entwickelte Funkadelic auch ein differenziertes politisches Bewusstsein. Politik hatte für die Band aber nichts mit Puritanismus zu tun, die unwahrscheinliche Kreativität der Musiker fußt auf einem zügellosen Hedonismus. Im „Golden Age of HipHop“ wurden Funkadelic so oft wie kein anderer Act gesampelt, ohne sie wäre Westcoast-HipHop nicht vorstellbar.

Der Einfluss der Band auf die Technoszene von Detroit funktionierte nicht über Samples. Die Technomusiker begeisterten sich für die elektronischen Sounds in der Musik der Band und sahen in ihr einen Masterplan für eine technologieaffine, auf die Zukunft ausgerichtete, afroamerikanische Popmusik.

Auf Reworked By Detroiters setzen sich die elektronischen Musiker der Stadt jetzt ganz direkt mit der Musik Funkadelics auseinander, in Form von Remixen. Recloose, Alton Miller, Marcellus Pittman und Andrés stoßen sich an der Fülle der Sounds, sie arrangieren die Songs straffer und fügen neues, entschiedeneres Drumming hinzu. Die Dirtbombs, Amp Fiddler und The Fantasy nehmen ziemlich wüste, witzige Coverversionen auf. Anthony Shakir verarbeitet „Standing On The Verge Of Getting It On“ zu einem explosiven, elektronischen Funk. Claude Young benutzt nur zwei kurze Samples von „You And Your Folks“, die er im Loop laufen lässt. Er entfernt sich am entschiedensten von dem Original und bekommt damit Funkadelics unnachahmliches Pathos doch sehr gut in den Griff. Underground Resistance machen da weiter, wo Funkadelic aufgehört haben und verfeinern die mehrstimmigen Claps und den raumgreifenden Punch der Basslines, die zu den Markenzeichen der Band gehören.

Der beste Mix kommt von Moodymann. Er nimmt sich „Cosmic Slop“ vor. Der Song handelt von einem Jungen, dessen Mutter sich prostituieren muss, um ihn und seine drei Geschwister zu ernähren. Sie verheimlicht das, aber der Junge begreift, was sie tut, als sie nachts im Gebet um Vergebung bittet. Moodymann produziert einen Remix im wörtlichen Sinn: Er arrangiert und mischt allein die Spuren neu. Der Schock des Jungen wird im Original durch ein extremes, wildes Gitarrensolo ausgedrückt und so zu einem gewissen Grad auch verarbeitet. Bei Moodymann werden die Gitarren in den Hintergrund verbannt, der Schock entlädt sich nicht. Das Schuldgefühl bleibt da, für Jahre, Jahrzehnte. So wird das Stück zu einer Metapher für die Untergangsstimmung, die in der afroamerikanischen Community Detroits seit den achtziger Jahren herrscht.

Stram: Funkadelic – Cosmic Slop (Moodymann Mix)

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