Als Journalist ist man quasi auch ein halber PR-Experte. Durch den ständigen Kontakt und Austausch mit Agenturen kennen wir zumindest die Landschaft sehr gut. Deshalb kommt es öfters mal vor, dass wir von Künstlern gefragt werden, wen wir denn so empfehlen können. Und zuletzt bekomme ich die Frage immer häufiger gestellt. Einer will die erste LP seines Labels international pushen, ein anderer will die Agentur wechseln, weil er sich mehr Aufmerksamkeit zur letzten EP erhofft hatte. Egal worum es geht, allen ist Promotion wichtig.
Neulich meinte ein britischer DJ sogar zu mir, dass heutzutage ohne PR gar nichts mehr ginge. Er mache sich große Sorgen, dass die Leute aus der riesigen Masse nur noch jene Releases und Künstler wahrnehmen, die auch promotet werden. So schlimm, meint er, sei es noch nie gewesen. Ist das wirklich so? Einerseits ja, weil es schon erstaunlich ist, dass selbst kleinere Undergroundlabels gerne mal Geld in die Hand nehmen, um bereits ihre erste oder zweite Katalognummer zu promoten, auch wenn sie noch kein Konzept haben – und selbst dann, wenn die Kosten hierfür höher sind als die Vinylpressung. Andererseits nein, weil es immer Ausnahmen gibt und es diese auch schon immer gab. Einige vertrauen ganz einfach ihrer Kunst, wollen das PR-Spiel nicht mitmachen oder richten ihre Erwartungshaltung nicht auf die Außendarstellung, sondern lediglich auf die eigene Musik.
Grundsätzlich sollte man viel leicht wissen, dass PR-Agenturen – so anstrengend, hilfreich und doch unabdingbar sie für Journalisten mitunter sind – im everyday business einer stumpfsinnigen Arbeitsmonotonie folgen. Soll heißen: Im Endeffekt bezahlt ihr bei vielen Agenturen lediglich für deren Verteiler. Das ist weder etwas Übles noch per se gleich Erfolg versprechend. Wer also zur Agentur XY geht, bloß weil dort die großen, bekannten oder gar die eigenen Lieblingslabels sind, erhält noch lange nicht das, woran jeder Künstler selber arbeiten oder erst entwickeln muss, ein Profil.
Deswegen: Wenn schon PR, dann sollte sie so sein wie die Musik, individualisiert. Nicht mal unbedingt einzigartig, falls das überhaupt noch geht, aber Promotion sollte doch zu- geschnitten sein auf Künstler, Label und/oder Projekt. Stefan Goldmann hatte vor Jahren schon richtigerweise darauf hingewiesen, dass gerade antizyklische Strategien meistens attraktiver sind. Stimmt heute immer noch. Sowohl für die Künstler, weil sie auf einem anderen Level als dem musikalischen ihrer eigenen Originalität Ausdruck verleihen können, als auch für uns Journalisten, weil die nicht standardisierte Kommunikation, das Nonkonforme immer eine andere Aufmerksamkeit verlangt.