Fotos: Presse (Egyptrixx)
„Ich finde es toll, eine Menge Projekte gleichzeitig am Laufen zu haben.“ Die Veröffentlichungen, an denen er beteiligt war und ist, geben David Psutka recht. Er hat bisher in Kollaborationen wie Hiawatha, Anamai oder Limit und solo unter anderem als Ceramic TL gearbeitet – und mit jedem Projekt verschiedene musikalische Wege von Punk zu Noise zu Techno und Ambient eingeschlagen. Am konstantesten trat der Produzent aus Toronto bisher als Egyptrixx in Erscheinung. 2011 erschien mit Bible Eyes das erste Album unter dem Pseudonym auf dem britischen Label Night Slugs. Darauf entwarf Psutka seinen ersten eigenen Entwurf einer Musik zwischen Techno und Bassmusik mit einer experimentellen Note.
Dieser unkonventionelle Umgang mit Clubmusik führt zum dritten Egyptrixx-Album Pure, Beyond Reproach, das Psutka auf seinem eigenen Label Halocline Trance herausbringt. Neben Ambient und Noise gibt es auf dem neuen Album auch die eine oder andere Referenz zu 80er-Pop. Dabei beeinflussen Musik-Genres die Musik des 34-Jährigen eigentlich eher weniger, wie unser Gespräch über Mikroplastik, materielle Klänge, Clubmusik und Politik zeigt.
Das neue Album deines Solo-Projekts Egyptrixx, Pure, Beyond Reproach, beginnt und endet mit dem Klang von Wasser. Was für eine Rolle spielt Wasser oder Flüssigkeit für dich?
Klang ist für mich ähnlich essentiell und universell wie Wasser. In allen Projekten, an denen ich mitarbeite oder für die ich Musik schreibe, steht diese wirklich fundamentale Vorstellung von Klang als tief menschlich, intuitiv und essentiell. Ich denke, dass das Wasser das ist, was dieser Idee am nächsten kommt. Diese Art von Allgegenwart oder Wichtigkeit von Wasser und Klang ergibt für mich Sinn. Ich denke, dass das auch die grundlegende und bestimmende Idee hinter den ganzen anderen Projekten ist – diese Schlüsselrolle von Klang.
Deine Musik enthält oft weite Klangflächen, in die Hörer*innen eintauchen können. Ist Trance dabei von Bedeutung?
Auf jeden Fall, ja. Ich denke, dass es viele Überschneidungen zwischen den ganzen verschiedenen Vorstellungen von Klang und davon, wie man ihn erfährt oder vermittelt, gibt. Die meisten der Live-Umsetzungen der ganzen Projekte sind auf gewisse Art formlos und frei. Wir gehen da mit der Vorstellung rein, dass wir einfach nur Klänge vermitteln und die Leute für eine Stunde, 45 Minuten oder wie lange auch immer, darin schwimmen, baden und leben zu lassen. Ich fühle mich immer noch wie ein junger Künstler und ich denke, dass das etwas ist, das mir allmählich bewusst geworden ist. Am Anfang hatte ich keine klare Vorstellung davon aber ich denke, dass es eine Art von Selbstverwirklichung ist, die in den vergangenen Jahren, in denen ich Musik gemacht habe, eingetreten ist. Dadurch, dass ich das besser verstehe, bin ich heute in der Lage, das besser oder genauer auszudrücken.
Stream: Egyptrixx – Lake Of Contemplation Pool Of Fundamental Bond
Freie Formen, wie du sie mit Bezug auf deine Live-Sets erwähnt hast, sind auch im visuellen Aspekt deiner Arbeit präsent. Dein zweites Album A/B Til Infinity von 2013 hatte eine starke bildliche Komponente, die von dem Künstler Andreas Nicolas Fischer (ANF) gestaltet wurde. Wie wichtig ist dir dieser visuelle Aspekt?
Andreas hat das komplette, begleitende Artwork für das gesamte Projekt gemacht und ich denke, dass wir den ganzen Rahmen und den Ansatz des Projekts gemeinsam verfeinert haben. Obwohl es von der Art her ein Musikprojekt ist, ist die visuelle Dimension für mich nicht davon zu trennen. Eine Menge der Inspiration für das Projekt ist immer von nichtmusikalischen Dingen gekommen, wie Texturen, Gefühlen, Farben, Formen, Materialien und dem Arrangement von Material. Viel davon hat Andreas eingebracht. Ich denke, dass wir heute eine wirklich entspannt und mühelose Art haben, zusammen zu arbeiten. Wir haben klare Vorstellungen von den Bedingungen für das Projekt, also ist es unkompliziert für uns, neue Sachen für Egyptrixx zu machen. Am Anfang dagegen, bei den ersten Platten, haben wir viel daran gearbeitet, zu klären, wie es werden, wie es aussehen, es sich anfühlen soll. Es gibt eine Menge an Überschneidungen der visuellen und akustischen Elemente. Vielleicht klingt es überheblich, aber es fühlt sich an wie ein audiovisuelles Projekt. Ich denke nicht, dass man eine Seite ohne die andere haben kann.
Denkst du, dass es einfacher war, zusammen eine Vorstellung für Egyptrixx zu entwerfen?
Definitiv! Ich arbeite jetzt seit sieben oder acht Jahran daran und in der Frühphase hatte ich kein richtiges Verständnis davon, was es war oder was ich damit machen wollte. Ich habe herumgespielt, ein paar Tracks gemacht und die veröffentlicht – wenn Leute sie auf ihrem Label rausbringen wollten. Erst mit dem ersten Album [Bible Eyes, 2011], und der Zusammenarbeit mit Andreas, der nach ungefähr anderthalb oder zwei Jahren dazu kam, nahm es Gestalt an, bekam ich eine klarere Idee davon, wie das Projekt aussehen sollte.