Text: Daniel Wang; Fotos: Presse/Elysia (Clubbericht hier)
Zuerst erschienen in Groove 114 (September/Oktober 2008).
Die Gleichung ist simpel, und es gibt fast keine Ausnahmen davon: schlechter Sound = schlechte Party. Denn was nützen grandiose Platten, ein leidenschaftliches DJ-Set und ein aufgekratztes Publikum, wenn die Anwesenden statt markerschütternder Bässe und klarer Höhen nur dumpfes Mumpf-Mumpf-Mumpf vernehmen? Wie der oder die Einzelne die Musik dann während der Party empfindet, das ist eine zutiefst individuelle Angelegenheit. Aber zumindest zwei Faktoren lassen sich ausmachen, die für jedermann und -frau bestimmen, ob der Klang im Club nun objektiv gut ist oder schlecht: die Anlage, von der die Musik kommt, und der Raum, in dem sie steht. Die Lautsprechersysteme von Funktion One gelten als eine der weltweiten Referenzen für guten Klang. Wir haben den Gründer und konzeptionellen Vordenker Tony Andrews auf seinem Firmen- und Wohnsitz in der Nähe von London besucht. Mindestens ebenso wichtig wie eine möglichst gute Anlage ist die Akustik des Raums, in dem die Party stattfindet. Für unsere Strecke über „Klang im Club“, hat der in Berlin lebende, US-amerikanische Produzent und DJ Daniel Wang seine Erfahrungen mit Clubakustik zwischen London und Tokio aufgeschrieben.
In den vergangenen sieben, acht Jahren habe ich Musik an vielen verschiedenen Orten der Welt gespielt und gehört, und es ist bemerkenswert, wie unterschiedlich sich dieselbe Musik an unterschiedlichen Orten anhören kann. Nur klingt sie leider meist alles andere als ideal. Warum das so ist? Es ist erstaunlich, aber vielen Menschen, die mit Musik oder Nachtleben zu tun haben, scheint einer der wichtigsten Aspekte an ihrem Job völlig gleichgültig zu sein: nämlich das Klangverhalten des Raums selbst. Eine endlose Zahl von Lagerhallen, Bahnhöfen und Bunkern ist in den vergangenen Jahren in Nachtclubs verwandelt worden, weil sie geräumig sind und „cool aussehen“ – ohne jegliche Erwägung darüber, wie sie überhaupt klingen. „Das war mal ein Bunker“, sagt immer jemand irgendwie stolz, „und jetzt ist es ein Nachtclub. Ist das nicht cool?“ „Nein“, denke ich, „nicht, wenn es immer noch wie ein Bunker klingt.“
Dabei müsste man, um eben das zu vermeiden, nur einige, wenige Grundsätze beachten. Hier vorab mal zwei davon:
1.
Harte, flache, dichte Flächen wie etwa Zement- oder Ziegelwände sind schlecht für die Akustik. Sie lassen die Schallwellen wie Billardkugeln durch den Raum schießen, die von einem Wirbelwind getroffen wurden. Das Ergebnis ist ein klangliches Durcheinander. Leider ist dies heutzutage in den meisten Clubs der Fall, deren Gebäude früher eine andere Funktion hatten und deren Wände beim Umbau unverändert geblieben sind.
2.
Parallele Wände sind ebenfalls schlecht. Die meisten regulären Gebäude sind natürlich genau so konstruiert. Aber akustisch betrachtet sind solche Räume wie eine endlose Spiegelhalle – man hört nur Echo. Paraboloide, also gebogene, gekrümmte Decken sind noch schlechter. Jeder erinnert sich wohl daran, mal als Kind an einem sonnigen Tag ein Streichholz mit einer Lupe angezündet zu haben. Das gebogene Vergrößerungsglas konzentriert die Sonnenstrahlen auf einen Punkt. Eine Paraboloid-Decke hat denselben Effekt für den Klang: Eine Ecke des Clubs klingt leer, während man in einer anderen fast taub wird.
Natürlich gelten auch die Umkehrschlüsse aus diesen Regeln:
1.
Weiche, isolierte, unregelmäßige Flächen sind gut für die Akustik. Ein Club muss nicht aussehen wie Barbarellas Raumschiff und mit plüschigem, goldenem Fell bedeckt sein, um gut
zu klingen. Aber tatsächlich ist dies das Ideal, das man anstreben sollte. Weniger dichte, aber biegsame Materialien (vor allem ein hölzerner Dancefloor) sind immer besser als Zement, Ziegel oder, Gott bewahre, Keramikfliesen. Holz hat den angenehmen Nebeneffekt, nicht nur besser für die Ohren zu sein, sondern auch die Füße weniger zu belasten. Und sofern man es schafft, darauf zu tanzen, ist ein Teppichboden wohl die beste Option von allen.
2.
Parallele Wände sollte man vermeiden, glatte Oberflächen sollten in irgendeiner Form behandelt werden. Um realistisch zu sein: Zwei parallele Wände sind verzeihlich. Aber vier unbehandelte, parallele Wände sind wirklich schlecht. Wenn dann noch eine niedrige, flache Decke und ein harter, flacher Dancefloor dazu kommen, ist das Ergebnis ein akustisches Desaster.
3.
Die Lautsprecher sollte man mit Rücksicht auf den Klangraum positionieren. Oft sieht man in Clubs Lautsprecher, die so platziert sind, dass sie symmetrisch aussehen oder sich elegant in die Ecken des Raums einfügen. Aber das ist schlicht und einfach ein Fehler. Lautsprecher sollen vor allem gut klingen und nicht vor allem gut aussehen. So verstärken Ecken zum Beispiel den Bass und übertreiben ihn oft unnötig. Darum sollte man Lautsprecher aus den Ecken herausholen.