Interview: Philip Cerfontaine Foto: Martin Lovekosi (Job Jobse)
Einmal im Jahr bitten wir einen DJ, der noch keine Mix-CD in seiner Diskografie zu verzeichnen hat, um einen Mix. Normalerweise fällt die Entscheidung, welchen DJ wir um den Groove-Mix zur Sommerausgabe bitten, in diskussionsreichen, aber stets basisdemokratischen Redaktionssitzungen. Dieses Jahr lief es ein wenig anders: Dass es Job Jobse wurde, war eher das Ergebnis einer buchstäblichen Schnapsidee, entstanden auf Dixons privater Geburtstagsparty während eines recht späten Thekengesprächs. Spontan fragten wir den niederländischen Durchstarter, ob er nicht Lust hätte, unsere CD zu mixen. Hatte er. Allerdings sollte sich die Umsetzung nicht ganz so einfach gestalten…
Job, du bist in kurzer Zeit zu einem unglaublich gefragten DJ geworden, gerade tourst du durch die USA. Wie stressig war es, den Mix angesichts deiner überschaubaren Freizeit fertigzustellen?
Extrem stressig, das hat mich einige schlaflose Nächte gekostet. Was es schwierig machte, war die Beschränkung auf bestimmte Tracks [aus Lizensierungsgründen, Anm. d. Red.]. Omar-S oder Bruce Springsteen fielen schon mal raus (lacht). Anders als bei Podcasts kannst du nicht einfach jeden Track nehmen, der dir gefällt. Du musst vorher klären, ob du ihn nutzen darfst. Ich bin mit Mix-CDs von DJ-Kicks, At The Controls, Fabric und dem Groove-Magazin aufgewachsen. Deshalb ist der Mix eine große Ehre für mich. Er musste perfekt werden.
Wie genau ist der Mix entstanden?
Auf meinem Laptop. Aus zeitlichen Gründen, denn manchmal wusste ich tagelang nicht, welchen meiner Wunschtracks ich verwenden darf und welchen nicht. Die grobe Vorauswahl habe ich beim Plattenhören zu Hause getroffen. Der Rest geschah dann irgendwo zwischen Kolumbien, Kanada und Miami (lacht).
Material von dir sucht man vergeblich auf der CD, aber du hast dich auch deutlich als DJ positioniert, der nicht selbst produziert (siehe Groove #159). Was dagegen überrascht: Alle Tracks in deinem Mix sind bereits erschienen, teilweise schon vor Jahren. Wenn man bedenkt, dass es viele DJs als Notwendigkeit ansehen, ihren Mix mit unveröffentlichtem Material auszustatten, ist das ein mutiger Schritt.
Glaub’ mir, ich habe mir echt den Kopf zerbrochen, ob ich Freunde wie Dixon nach Sachen fragen soll, die noch nicht draußen sind. Klar, das wäre cool gewesen. Aber du musst so einen Mix natürlich auch mastern und pressen lassen. Das dauert! Wer weiß, welcher Track in der Zwischenzeit veröffentlicht worden wäre? Schlimmstenfalls kommt er den Leuten beim Erscheinen meines Mixes
aus den Ohren raus. Ich wollte daher bewusst zeitlose Sachen nehmen. Noch ein Punkt, der bei der Auswahl eine Rolle spielte, ist die Tatsache, dass CDs heute fast nur noch im Auto gehört werden. Ich habe mir vorgestellt, wie die Leute mit meinem Mix durch die Nacht fahren oder zum Festival. Tracks, die größtenteils aus Hi-Hat und Kickdrum bestehen, klingen im Auto aber furchtbar. Das wollte ich berücksichtigen, auch für den Moment, wenn ich endlich meinen Führerschein habe und den Mix in meinem eigenen Auto hören kann (lacht).
Mit Raärs „Sometimes I Hear Sirens“ und „Emotinium“ von Roy Of The Ravers hast du gleich zwei Tracks verwendet, die nur auf Kassette [und später digital über Bandcamp, Anm. d. Red.] erschienen sind. Wie entdeckst du sowas?
Das ist irgendwie die Geschichte meines Lebens. Ich durchforste Plattenläden und das Netz überall und immer nach neuer Musik. Dabei bin ich auf diese beiden Sachen gestoßen. Ich wollte sie unbedingt einbauen, deshalb habe ich die Leute persönlich angeschrieben und um Erlaubnis gefragt. Das war echt verrückt! Ich habe ihnen erklärt, dass ich etwas für die Groove mixen würde, und die nur „Wofür?“ Dann meinte ich, dass schon Rødhåd, Gerd Janson oder Roman Flügel einen Mix beigesteuert hätten. Und die wieder: „Wer?“ Obwohl ihr Sound absolut dem gängigen House und Techno entspricht, haben sie anscheinend kaum etwas mit dieser Welt zu tun.
Du bist für das Glastonbury Festival gebucht worden. Das dürfte sicherlich eines deiner Highlights für den Sommer werden, oder?
Darauf bin ich unglaublich stolz! Es war der Moment, an dem meine Mutter anfing zu begreifen, was bei ihrem Sohn gerade abgeht (lacht). Berghain und so, das sagt ihr ja alles nichts. Aber Glastonbury schon. Sie ist Lehrerin und letztens kam einer ihrer Schüler zu ihr und meinte, er würde zum Glastonbury fahren und hätte auf dem Plakat meinen Namen entdeckt. Sie meinte nur: „Wow!“
Stream: Groove CD 70 – Mixed By Job Jobse
Groove CD 70 – Mixed By Job Jobse
01. Voices From The Lake – Max
02. Function/Inland – Colwyn Bay
03. Etapp Kyle – Sakura
04. Orson Wells – Leaving
05. Efestion & Harald Grosskopf – Subconscio
06. Aroma Pitch – Portal
07. Raär – Sometimes I Hear Sirens
08. Octogen – The Journeyman
09. Roy Of The Ravers – Emotinium
10. FIT Siegel – Carmine
Cover-Gestaltung: Lawrence Lek
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