Ludovic Navarre hat in den Neunzigern mit seinen Projekten wie Deepside, Nuages und vor allem als St Germain Labels wie FNAC und F-Communication maßgeblich mitgeprägt. Und war dabei lange nicht nur für St Germains Genre-definierenden Jazz House zuständig, sondern hat eben auch Detroit Techno ausgelotet oder mit zeitlosen Deep House-Epen wie „Alabama Blues“ Geschichte geschrieben. Der Erfolg von Boulevard, seines 1995 erschienenem Debüts als St Germain, scheint im Rückblick daher Fluch und Segen zugleich. Definierte es mit seinem jazzigen House zum einen ein ganzes Genre mit, machte es zum anderen Navarre zum personifizierten Jazz House-Maestro, der zunehmend Reutlinger Jazz Fans mit Ziegenbart, Ohrring und Midlife Crisis näher zu stehen schien als seinen Wurzeln. Nach dem Nachfolger Tourist folgt nun mit Real Blues das erste Album seit 15 Jahren, bei dem sich zu den gewohnten Einflüssen vor allem Afro- bzw. malische Einflüsse gesellen, welche die bereits schon farbenfrohen Komponenten Jazz, Blues, Latin und House um eine weitere ergänzen, was dann auch schon die einzige und recht überschaubare Überraschung ist. Und genau das ist dann vielleicht auch das Problem des Albums: zu viel von allem, wo etwas Fokus gut getan hätte. Die Stücke sind dabei gar nicht mal grundlegend verkehrt, aber leider versteckt sich dann doch fast immer irgendwo ein unsäglich daddelndes Piano oder eine Jazzmucker-Gitarre zu viel, um einem nicht auf die Nerven zu fallen. Dann doch besser wieder die Klassiker rausgeholt.
Video: St Germain – Real Blues