Sprühdosen, B-Boy-klamotten, Skateboards und eine Plattenecke: Mit 18 übernahm Hunee in einem Bochumer HipHop-laden das Vinylsortiment. Der Rap führte Hun Choi über Funk und Soul zum Boogie und zu den Proto-House-Mixen eines Larry Levan und Ron Hardy. Und weit darüber hinaus: Der Weg einer eklektischen Prä-Discogs-Sozialisierung. Was man jetzt auch auf Hunees Debütalbum Hunch Music hören kann. Der von Berlin nach L.A. gezogene und heute in Amsterdam lebende DJ besitzt noch viertausend Platten, nachdem er sich ein paar Jahre zuvor von der gleich großen Menge getrennt hatte. „Mein Vorbild ist immer der Schweizer Lexx. Der Goldstandard, was die Reduktion und Qualitätskontrolle angeht. Meine Frau wollte mir schon ein Foto von ihm an den Plattenschrank hängen. Für den nächsten Frühjahrsputz.“
„Im Sommer 2000 war ich in Korea und habe diese LP nonstop auf einem Tape gehört. Es ist eine der innovativsten im Sampling-Bereich, bei der ich verstand, dass es oft nur einen genialen Loop braucht. Quasimoto, dieser Kunstcharakter mit der hohen Stimme: außerirdisch im Rap-Kosmos. Auf der anderen Tape-Seite war D’Angelos Voodoo: die pure Essenz von Groove. Keine Spur von Bitches und Dollars, die kryptischen Lyrics handelten von Sexualität und Spiritualität. Erfrischender konnte kein Sommer sein.“
Stream: Quasimoto – Low Class Conspiracy
5. Don Cherry – Brown Rice (EMI, 1975)
„Die habe ich im Soultrade-Plattenladen gefunden, als ich da arbeitete. Ich war damals im Jazz Anfänger. Brown Rice klang anders: warm, bluesig. Aber auch mysteriös, fusionartig. Da fing meine Cherry-Obsession an. Ich habe mir jede LP besorgt, auch die Seitenprojekte, die aber nicht alle gut sind. Er hatte eine riesige Tapesammlung mit ethnologischen Aufnahmen. Das hat bei mir den Hunger nach obskurer Musik geweckt. Ein Jahr lang habe ich dann in Berlin auch Musikethnologie studiert.“
Stream: Don Cherry – Brown Rice
4. Judy Nackix – Wants Some Body (Clemco Records, 1984)
„Diese nigerianische Boogie-Nummer war eine Premiere in doppelter Hinsicht: Es war die erste Platte, für die ich teures Geld bezahlt habe: 80 Euro. Und es war auch meine erste Platte, auf der sechs Tracks drauf sind, und fünf davon sind absolut grausam. Aber der eine Song ist eben wunderbar. Sehr sleazy und sehr „late, late night“. Und wie die Platte abgemischt ist: Die Kickdrum druckst rum, der Bass ist laut – ganz anders als die fett produzierten Boogie-Sachen aus den USA.“
3. Nicolette Larson – Lotta Love (Warner Bros., 1978)
„Larson war eine Sängerin von Neil Young, der auch den Song schrieb. Die 12-Inch-Version ist von Jim Burgess gemischt, einem Saint-Resident und Remixer. Finn Johannsen spielte sie mal im Picknick-Club. Eine meiner liebsten Cluberinnerungen, weil Finn sie im allerperfektesten Moment brachte, dann als die Sonne aufging, alles explodierte. Da möchte ich stets hinarbeiten: Die Nacht ist durchgeschwitzt, es geht nur noch um Emotion. Den Moment, wo man die Leute an den Rand von Tränen spielt.“
„Mit der düsteren Doku Veruschka, die noch obskurer als Antonioni ist, hat meine Ennio Morricone-Obsession begonnen. Mich betörte die Mischung aus diesen atonalen, verstörend-sperrigen Stücken und typischem Morricone-Sound: brillantes, angejazztes Songwriting. Sehr moody, darüber eine elegische Frauenstimme. Wir sind extra nach Verona geflogen, um ihn im Amphitheater zu sehen. Einmal wollte ich dem alten Maestro meinen Respekt zollen und minutenlang applaudieren. Bravo!“
„Gould habe ich durch meinen Musikprofessor entdeckt. Er zeigte uns einen Kurzfilm. Ich war beeindruckt, wie dieser Musiker spielte und auch noch so faszinierend über Musik sprach. Ich habe mir danach seine Interpretationen und Radioarbeiten angehört, seine Filme und Texte studiert. Exzentrische spielweise, Denkart und Persönlichkeit! Durch die Goldberg Variations habe ich mein interesse für Klassik entdeckt. So ähnlich wie es vielen mit Kind Of Blue von Miles Davis und Jazz geht.“
Hunees Album Hunch Music ist bei Rush Hour erschienen.