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Meine Stadt: John Tejada über Los Angeles

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Erstmals erschienen in Groove 153 (März/April 2015).

„1982 bin ich mit meiner Mutter von Wien nach Los Angeles gezogen, genauer gesagt nach Panorama City im San Fernando Valley. Inzwischen wohne ich in Sherman Oaks, das fünf Meilen weiter südlich liegt. Im Vergleich zu Wien ist Los Angeles natürlich deutlich größer. Es gibt hier nicht nur eine Innenstadt, sondern mehrere Zentren, die alle recht unterschiedlich sind. Da wären die Strand-Communitys wie Venice, Santa Monica oder Hermosa Beach. Der Abbot Kinney Boulevard in Venice mit seinen kleinen Restaurants ist nett zum Schlendern. Die neuen hippen Bezirke Silver Lake oder Echo Park stellen ein bisschen unsere Version von Williamsburg dar. Little Tokyo in Downtown oder die Malibu Mountains im Nordwesten sind auch immer einen Besuch wert. In Hollywood war ich Mitte der neunziger Jahre in erste Partys involviert – „Public Space“ hieß die Reihe und ging in Richtung Ambient Live Electronic Music, was zu diesem Zeitpunkt ziemlich einzigartig für Los Angeles war. Da haben wir unter anderem Autechre das erste Mal nach L.A. geholt. Heutzutage gibt es in Hollywood vor allem eine Menge Bars.

 

„Es gibt hier nicht nur eine Innenstadt, sondern mehrere Zentren, die alle recht unterschiedlich sind.“

 

Die richtigen Underground-Partys findet man eher Downtown, weil es da viel leer stehenden Wohnraum gibt. Die relevanten Nächte sind schon immer mobil gewesen – mit wechselnden Locations. Aktuell sind das die Sachen der Droid-Jungs um Raíz oder Drumcell, die hier regelmäßig etwas starten, oder die Sublevel-Nächte von Doc Martin. Darin unterscheidet sich L.A. auch von Deutschland, wo man einfach ein Objekt kaufen kann, einen Club daraus macht, mit festen Angestellten und seine Steuern zahlt. Hier müssen die Promoter um Locations betteln, riesige Geldbeträge aufwenden und wenn die Nacht dann nicht so voll war, ist es auch schon wieder vorbei. Leider gab es von der Stadt nie großartigen Support. Ein neuer, eher kleinerer Club macht mir allerdings ein bisschen Hoffnung, dass sich vielleicht doch mal etwas ändert. Der heißt Complex und ist in Glendale, einem ungewöhnlichen Ort für einen Club, eher im Westen und nicht so zentral. Die Macher unterstützen allerdings wirklich die lokale Szene. Eine Menge von diesem dark-wavy Zeug, das mein Freund Silent Servant macht, läuft da. Auch Droid hosten dort einmal im Monat eine Party.

Wenn ich mal entspannen möchte, geht es raus in die Natur. Direkt bei mir im Valley gibt es einen großen Park, der sich rings um den Balboa Lake zieht. Da kann man gut Joggen oder Fahrrad fahren. Das Golfen hat es mir seit einigen Jahren besonders angetan. Gleichzeitig ist mit dem Sepulveda Dam auch ein großer Damm angebunden, der Schauplatz diverser Science-Fiction-Filme war. Ich erinnere mich da etwa an die Schlussszene von Escape From New York. Die Walt Disney Concert Hall hat einige gute Programme zeitgenössischer Komponisten zu bieten, die ich ab und an zusammen mit meiner Mutter besuche, die selbst als Opernsängerin tätig ist.

Auch Plattenläden sind wieder im Kommen. Amoeba in Hollywood oder Mount Analog in Highland Park haben eine gute Auswahl. Typisch für L.A. sind derzeit diese ganzen trendy Food Shops, die überall wie Pilze aus dem Boden schießen und mit ihrem gesunden, organischen Essen die ansässige Yoga-Kultur bedienen. Irgendjemand hat das mal als California Cuisine beschrieben. Zahlreiche Food Trucks prägen ebenfalls das Stadtbild, wie der Kogi BBQ Truck, der eine Mischung aus Barbecue, koreanischem und mexikanischem Essen anbietet. Für guten Kaffee verschlägt es mich ins Aroma und abends kann man mich ab und zu in der Blue Dog Tavern antreffen. Partymäßig geht im Valley eher weniger. Eine der besten Partys fand allerdings nur zwei Blocks von mir entfernt statt. Meine Freunde von Droid haben Marcel Dettmann da in ein kleines Musikstudio geholt, wo vermutlich ansonsten in einer Million Jahren keine Party stattfinden würde, und ich konnte ganz gemütlich vorbeischauen. Das war großartig.“

 

Das Album Signs Under Test von John Tejada ist bei Kompakt erschienen.

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