Wieder ist es Winter, wieder versteht es Martin Enke, der Mann hinter dem Projekt Lake People, die wunderschöne Melancholie dieser so ungeliebten Jahreszeit in Musik umzusetzen. Im vergangenen Winter erschien mit „Uneasy Hiding Places“ eine EP, die auf den ersten Blick nichts bot, was irgendwie irre neu wirkte, auch taugte sie nicht dazu, die Tanzflächen der Welt in einem einzigen, sich rasend schnell ausbreitendem Flächenbrand zu vereinen. Dennoch ragte sie weit heraus aus dem Veröffentlichungsalltag. Auf das erste Album des Produzenten aus Leipzig trifft dies ebenfalls zu. Das Cover zeigt ein Weltraumteleskop, das die Weiten der Galaxie erforscht. So allgegenwärtig die Weltall-Metapher im Techno sein mag, so passend ist sie, was die Musik auf Purposely Uncertain Field betrifft. Techno heißt bei Martin Enke nicht, dass ein Moment gefeiert wird, als sei es der letzte. Die elf Tracks erzählen Geschichten der Weite, in denen man sich verlieren will.
Angefangen hat die Produzentenlaufbahn von Martin Enke vor mehr als zehn Jahren unter dem nicht so eleganten Namen Trickform. Es waren erste Gehversuche experimenteller Natur. 2011 debütierte auf Musik gewinnt Freunde der Name Lake People. Mit dieser Platte suchte Enke erstmals den Weg auf die Tanzfläche. Ein Jahr später pickten Dixon und Âme den Track „Point In Time“ für ihre Sets. Plötzlich war alles anders, Lake People wurde weltweit in Clubs gespielt. Seitdem tourt Martin Enke unentwegt. Das Rampenlicht um des Ruhmes willen sucht der Leipziger dennoch nicht, stattdessen feilte er an seinem Sound, der bereits auf der letztjährigen EP „Uneasy Hiding Places“ einfach überwältigend war.
Purposely Uncertain Field ist mit Tracks wie „Lamb Shift“ ein wenig forscher in der Gangart. Mit dem narrativen Charakter seiner Arrangements bewegt sich das Album aber noch immer in einem Referenzrahmen zwischen den großen Electronica-Platten der mittleren Neunziger, Detroit Techno, Kraut-Transzendenz und Acid-Zwitschern. Wie Martin Enke mit seiner Musik Stimmungen erschaffen kann, was er erzählerisch leistet, ist außergewöhnlich. Erinnert fühlt man sich stellenweise an The Other People Place (das Soloprojekt des verstorbenen James Stinson von Drexciya), an deepen UK-Techno wie B12 oder auch an Richard von der Schulenburg mit seinem RVDS-Acid-House-Blues. Es ist eine Musik, die karg und doch üppig ist. Der Lake People-Sound wirkt immer ein wenig verhuscht und ausgewaschen, melancholisch und doch schwelgerisch, niemals mathematisch, eher wie eine Jam-Session. Wer an Purposely Uncertain Field achtlos vorbeigeht, kann kein guter Mensch sein.