Man sollte sich von dem Cover nicht abschrecken lassen, das zehnte Album von Ed Handley und Andy Turner ist wieder dort angekommen, wo in den frühen Neunzigern als Black Dog Productions alles begann, nach ihrer Breakdance-Phase als Def Squad. Plaids hervorragendstes Markenzeichen war meist die Verspieltheit und nahezu empathische Herangehensweise an Klang und Raum. Ein Gefühl, das ihnen zuletzt etwas abhanden gekommen schien, zugunsten eines raueren, apokalyptischen Umgangs mit den fragilen Klangskulpturen. Vergleiche zu Boards Of Canada sind sicherlich nicht sonderlich originell, doch ihre Verwandtschaft wird nun auf Reachy Prints wieder ziemlich offensichtlich. Obwohl das Brüderpaar aus Edinburgh wohl niemals einen Housebeat zulassen würde. Damit haben Handley und Turner keine Probleme, ihr großes Aha-Erlebnis war ja nicht unwesentlich der britische Acid House, der ihren weiteren Weg ebnete. Wie zum Beweis durchzieht „Matin Lunaire“ ein solcher Beat, der durch das übrige Klangdesign allerdings völlig unaufdringlich daherkommt. Nun ja, neben dem hervorstechenden Drumprogramming, ist es auch die Instrumentierung, die Reachy Prints in den Status des Besonderen hievt. Auf „Oh“ beginnt es mit einer Harfe, die mehrfach gedoppelt und verhallt in ein Kaleidoskop des Klangs einführt. Schon „Hawkmoth“ ist emotionaler Höhepunkt und kann – in entsprechender Verfassung – zu Tränen rühren. Vielleicht weil es voller Energie steckt. So euphorisch geht’s weiter. „Slam“ legt sich mit Kraftwerk und Moroder an und zieht keinesfalls den Kürzeren. „Wallet“ und „Ropen“ liefern sich mit Boards Of Canada einen kleinen Vergleich. Allerdings wird hier um einen Longplayer nicht so viel Bohai gemacht. Man lässt sie links dran vorbei und zeigt lieber komprimiert auf neun Tracks und gänzlich ohne Längen, wie man nach 25 Jahren im Musikbusiness immer noch wegweisend sein kann. Nimm das, Four Tet!
Video: Plaid – Matin Lunaire