Ihr habt den Groove auch in die Filmmusik gerettet. Eure zweite Platte hieß „Soundtracks“ und war eine Ansammlung von Filmkompositionen.
Czukay: Ich erinnere mich, dass eines der ersten Stücke, die wir überhaupt entwickelt hatten, eine Adaption von Chopin war. Von dem habe ich ein Klavierstück auf dem Bass gespielt. Irmin sagte zu mir: „Schaff dir das mal auf dem Bass drauf, das könnte interessant klingen.“ Ich selbst mochte überhaupt gar keine Noten lesen, ich habe das gehasst wie die Pest. Jedenfalls war das irgendwie spielbar, aber es klang irre komisch. Das war schon toll! (lacht) Naja, mit solchen Ideen ging das halt los und Irmin hatte ja sehr gute Kontakte in die Film- und Theaterwelt. Im Grunde genommen war Soundtracks sogar die erste richtige Can-Platte. Die wirklich dem entsprach, was wir uns darunter vorstellten.
Als der Begriff „Krautrock“ aufkam, habt ihr euch dagegen gewehrt. Ihr mochtet diese Einordnung überhaupt nicht.
Czukay: Du darfst nicht vergessen, dass „Krauts“ natürlich eine Verulkung war. Das kam von den Engländern und bezeichnete die dummen Nazis, die so doof sind, dass man sich nur über sie lustig machen kann. Eben die Sauerkrautfresser. In den Sechzigern haben die Engländer die Popmusik aus Deutschland überhaupt nicht ernst genommen. Natürlich nicht ganz zu Unrecht, denn es gab zu der Zeit ja auch nicht viel. Wir aber wollten mit allem brechen, was es in der Popmusik vorher gab, und uns nicht auf die Herkunft festnageln lassen. Wir hatten ja auch keinen deutschen Sänger.
Inwieweit habt ihr denn verfolgt, was ansonsten unter diesem Label subsumiert wurde? Vor allem in Düsseldorf ist zu der Zeit sehr viel passiert. Das war zumindest geografisch nicht so weit weg von Köln.
Czukay: In Köln selbst gab es gar keine richtige Szene oder so was. In Düsseldorf war da natürlich schon weit mehr los. Aber so richtige Berührungspunkte gab es eigentlich nur mit Kraftwerk. Was speziell Ralf Hütter gemacht hat, war natürlich essenziell. Da kam man nicht drum herum, das hatte schon Substanz. Damit musste man sich beschäftigen. Aber irgendwann haben die dann ein ganz anderes Konzept verfolgt, das hat mich nicht mehr so interessiert.