Mehr als zwanzig Jahre währt die Karriere von Ron Trent bereits. Noch sehr jung war er, als er 1990 beim Label Warehouse von DJ-Legende Armando debütierte. Wenige Jahre später gründete der House-Produzent aus Chicago gemeinsam mit Chez Damier das Label Prescription, das bereits in den Zeiten seines Bestehens kultisch verehrt wurde, und von nachrückenden Generationen immer wieder neu entdeckt wird. Auch nach dem Bruch mit Chez Damier und dem Ende von Prescription war Ron Trent immer ein Mann, den es im Auge zu behalten galt. Schlicht und ergreifend großartig waren zum Beispiel jene Platten, die er vor etwas mehr als zehn Jahren auf Clairaudience veröffentlicht hat.
In den letzten Jahren hat Ron Trent seinen kreativen Output in erster Linie auf das eigene Label Future Vision konzentriert. Mit Electric Blue hat er nun eine weitere kleine Plattenfirma ins Leben gerufen. Dort erscheint sogleich ein neues Album von ihm. Raw Footage beeindruckt schon mit den Eckdaten: Knapp eine Stunde und 50 Minuten Spielzeit bei nur zehn Tracks, aufgeteilt auf zwei Alben. Der Mann ist noch immer keiner, der sich kurz fassen mag. Das kann man ihm durchaus ankreiden. Zugute halten muss man ihm aber im gleichen Atemzug, dass es kaum einen Produzenten gibt, der ein zehnminütiges Monster doch so spannend halten kann, obwohl wirklich mit filigranen Nuancen gearbeitet wird. Das beeindruckendste an Raw Footage ist indes, dass wir hier den besten Ron Trent seit sehr langer Zeit zu hören bekommen. In den epischen Tracks dieses Albums bringt der Altmeister seine komplette Karriere auf den Punkt. Natürlich erfindet er sich nicht neu, vielmehr ist Raw Footage ein Aufnehmen und Neuverknüpfen von alten Strängen des Trent’schen Universums. Nummern wie „Message To The World“ erscheinen in ihrer majestätischen Erhabenheit geradezu perfekt, die Macht des Sounds tut ihr übriges. Es sind Tracks, die zwischen perkussiven, der afrikanischen oder lateinamerikanischen Musik entnommenen Elementen, Jazz, Techno, Funk oder der elektronischen Musik der Siebziger changiert. Es sind winzige Partikel, die diese Stücke so soghaft erscheinen lassen. Von unglaublicher Intensität ist etwa das sich stoisch auf einer technoiden Bassline aufbauende „Sundance“, dessen jazzig losgelöstes Synthesizer-Solo sich niemals nervend in den Vordergrund spielt. „Kids At Play“ wiederum ist das Ron Trent-Äquivalent eines Chicago-Jack-Tracks. Natürlich schweift auch diese Nummer aus. Im Spotlight steht ein hyperagiler Basslauf, der von allen funktionalen Zwängen befreit, mit flinken Fingern gespielt über die Beats hüpft. Es ist Musik, wie sie nur Ron Trent erschaffen kann. Damit ist er auf Raw Footage so überzeugend wie vielleicht noch nie in seiner Karriere.
Stream: Ron Trent – Raw Footage Part One (Preview)