Versierter Indiemusiker trifft krautigen Frickler, und heraus kommt dabei die avantgardistische Kammermusik von Pianotapes. Die verhuschten Klaviertupfer auf dem aktuellen, gemeinsamen Album von Bill Wells und Stefan Schnepoper sind nur die logische Konsequenz aus den verschiedenen Sozialisierungen, die hier aufeinandertreffen. Ambitionierter Bassist, Pianist und Gitarrist mit großem Interesse am Experiment der eine (Wells), Macher von frickelig elektronischen Postrockentwürfen der andere (Schnepoper – auch bekannt als Mapstation und Teil von To Rococo Rot). Gemeinsame Produktionen gab es schon 2004 und 2009 zusammen mit Barbara Morgenstern und Annie Whitehead. Reduzierter ist dieses Mal nicht nur die Anzahl der Beteiligten, sondern auch das musikalische Resultat. Konzentriert auf die elementaren Bestandteile spielt Wells fragile Harmonien und Tonfolgen auf dem Bechstein-Flügel, die Schnepoper auf alten Tonband-Geräten aufnimmt und mit veränderter Geschwindigkeit abspielt, neu arrangiert und mit ebenso subtilen synthetischen Klängen versetzt. Das Resultat ist eine überraschend zeitlose Klaviermusik, klassisch und avantgardistisch zugleich, in Form und Anspruch vielleicht am besten mit einer Mischung aus Erik Satie, Hauschka und den instrumentalen Klavierstücken von Sylvain Chauveau zu vergleichen. Als glühender Verehrer von allen Dreien – Satie, Hauschka und Chauveau – ist dies für mich das größte Kompliment, das ich an dieser Stelle machen kann.