Gleich zu Anfang erst mal ein Vorschlag, wie man Alben ganz neu entdecken kann. Da wäre die Methodik, immer nur das siebte Stück anzuhören. Oder eben die jeweils andere persönliche Lieblingszahl. Im Fall von Florian Senfters neuem Album wäre „Black Toys“ sofort zu meinem Album des Monats avanciert, weil er bei „Peace & Greed“ so geschickt und dreist den Filter benutzt, als habe es Daft Punk & Co. nie gegeben. Ich sehe schon jetzt Tote und Verletzte, wenn die Frage aufkommt, wer das remixen darf. Dieser Flirt mit Disco-House hat aber Methode, denn Zombie Nation spielt mit einem guten halben Dutzend anderer Genres in einer Art, die man am besten als Experiment bezeichnet. Und das nicht nur wegen dem letzten Track, der über zehn Minuten den titletrack gleich hier schon remixt.
Die Klassifizierung als Experiment soll hier keine Wertung bedeuten. Denn ob mit Funk oder Rock, HipHop oder Metal – hier benutzt jemand die Musikstile wie Köche ihre Zutaten. Und es ist mehr als spannend dabei zuzuhören, wie Florian als Zombie Nation eben genau nur eine oder zwei ganz bestimmte Zutaten beimischt. Wo sonst eine klassische Snaredrum stehen würde, baut er in „Squpop“ eine seltsame Trompete ein. Wo sonst ein konventioneller Electrobeat poltern würde, rumpelt auf „All Or Nothing“ ein dickes Bassmonster durch die Spur. Und fast glaubt man, die Vocalspur eines deutschen HipHop-Acts (Name beliebig einsetzten) wäre aus Versehen fallen gelassen worden. Ist Zombie Nation der deutsche Timbaland? Sein MPC und der Track „Don’t Touch“ würde ihm da schon mal Recht geben, aber er scheint den letzten konsequenten Sprung zu der ganz anderen Musik noch nicht machen zu wollen. „Black Toys“ ist deswegen noch ein Zwischending, ein Experiment, bei der schon Farbe und Geruch stimmt, aber das Endergebnis in der Petrischale einfach noch kein finales Gesicht hat. Es sollen eben immer noch elektronische Eltern als Erzeuger erkennbar sein und dagegen würde ich auch gar nichts einzuwenden haben. Hier wird eben eine neue Abmischung probiert, ohne dass gleich völlig das Fach gewechselt würde. Nichts klingt gewollt oder zwanghaft. Hier wird auch nicht mit Orchestern gespielt oder das Rad neu erfunden. Aber es ist ein Drahtseilakt, und beim Luft anhalten kann es leicht passieren, dass man vergisst, die Füße oder den Hintern zu bewegen. Oder wenigstens den Finger. Da hilft nur Anlage aufdrehen oder Zombie Nation am besten live anschauen. Splank! hat bestimmt nicht verlernt, wie man einen Club bis in die letzte Ecke zum rappeln bringt. Daran erinnert auch der vorletzte Track „Talks“, an dem Kernkraft 400-Fans ihre Freude haben werden. Nein, „Black Toys“ sollte man gehört haben. Einfach nur um zu wissen, wie man Mut in Musik bringt. Oder einfach nur wegen des siebten Stücks.
Black Toys
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