Über Redshape zu reden oder zu schreiben, macht es fast unmöglich, die Einflüsse zu verschweigen, die der Mann mit der Maske breit auf der Brust trägt. Die geografischen Namen und zeitlichen Daten sind allerdings so offensichtlich wie der Umstand, dass sich der Anonymus längst davon befreit hat. Alles gegessen, alles verdaut. Außerordentliche Maxis wie „Dog Day“ für den Styrax-Leaves-Ableger Millions Of Moments, Remixe wie jener für Deetron oder Stücke vom Schlage „Blood Into Dust“, „Alone On Mars“ oder „Steam“ für Delsin lassen wenig Zweifel an der Singularität des deutschen Produzenten aufkommen. Kaum jemand bringt Geschichtsbewusstsein und Zukunftsinteresse derart unkompliziert in Einklang. Die Grundierung heißt Techno, aber was darüber läuft, ist wandelbar.
So ist das lang ersehnte Albumdebüt The Dance Paradox auch alles andere als ein Retrofest geworden. Redshape sind zwei Dinge zugleich gelungen: Ein Techno-Album zu machen, das nicht krampfhaft auf den Tanzflur will, aber dort auch nicht stört. Und seine Vision zu einem Guss zu verbinden, sodass dies mehr ist als eine kopflose Ansammlung überschüssiger Tracks, die auf keine 12-Inch passen wollten. Ein Album im besten Sinne – und eins, das die Ideen seiner Maxis und Remixes weiter trägt, verfeinert und in einem neuen Licht präsentiert. Wenn man die Augen schließt, entpuppt sich rohe, schwer atmende Musik, getragen von Bass, Rhythmus und fordernden Synthie-Melodien, sofort als das Markenzeichen von Redshape. Die rote Maske soll ohnehin nur dazu dienen, die Aufmerksamkeit des Publikums von der Person auf diese Musik zu lenken. Einen Marketinggag hat sie nicht nötig. The Dance Paradox ist demnach eine Meditation über Mensch-Maschinenmusik.
Einem Dubreggae-Album nicht unähnlich arbeitet es an einem eigenen Koordinatensystem. Es gibt keine Hits, Ausreißer oder Haken, die geschlagen werden. Die Tracks fließen mit stoischer Gelassenheit ineinander, sind düster, getragen und von einer Melancholie beseelt, die als Langspiel-Alternative zur Entrücktheit von Wolfgang Voigt und seinem Gas-Projekt dienen könnte. Wie Redshape kürzlich für die Kollegen der De:Bug zu Protokoll gegeben hat, ist das Album im vergangenen Winter entstanden – und die dunkle Jahreszeit ist genau der Rahmen, in dem das Werk seine größte Wirkung zu entfalten vermag. Momente auf „Rorschach’s Game“, „Bound“ oder „Seduce Me“ porträtieren einen sanften Weltschmerz, der aber spätestens im nächsten Frühling gelindert wird oder mit der nächsten Clubnacht vergessen ist. Wenn The Dance Paradox den Zustand von Techno im Jahre 2009 definiert, muss man sich keine Sorgen machen. Musik für heute, die sich aus dem Gestern speist.