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Ivan, Come On, Unlock the Box / I Have A Question

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In ihren Sets und Produktionen entwickelt Nina Kraviz einen durch und durch unsentimentalen, ganz und gar körperlichen Clubsound. Obwohl ihre Musik ohne den Chicago House und den Techno der Neunziger kaum vorstellbar wäre, ist ihr Ansatz frei von Nostalgie. Ihr geht es nicht darum, sich nach vergangenen Partys und Nächten zu sehnen. Der Sound von damals entspricht ihrer Vorstellung von Musik am ehesten: Es geht um Körper, um Rhythmus, um Bewegung, um Trieb und um Energie – nicht wie heute so oft um Bedeutung, um Emotionen oder um Geschichten. Spätestens mit diesen beiden Doppelmaxis, mit je acht Tracks unterschiedlicher Artists, wird diese Art von Release das entscheidende Format ihres Labels трип. So geht es hier nicht um die Zusammenhänge, in denen die Musik entstanden ist, sondern um das Statement, das durch den neuen Kontext entsteht. Tatsächlich zieht sich ein so klarer roter Faden durch alle Stücke, dass man streckenweise meint, ein DJ-Set zu hören. Und dass, obwohl die Tracks zum Teil aus Detroit (K-Hand, Population One/ Terrence Dixon) und zum Teil aus Russland (Philipp Gorbachev, Nikita Zabelin, Vladimir Dubyshkin, Roma Zuckerman, Bjarki) stammen, obwohl sie zum Teil aktuell sind oder wie die beiden Stücke von Barcode Population vor zwanzig Jahren produziert wurden.


Stream: DiverseI Have A Question

Bei Philipp Gorbachevs “Ivan, Come On, Unlock The Box” wiederholt eine fordernde Männerstimme diese Worte auf Russisch, Trommelgeschmetter wird gegen einen einzigen sublimen Glockenschlag gesetzt. Die Tracks sind roh und bestimmt, aber nicht hart um der Härte willen. Statt einer fetter Produktion zählt eine individuelle rhythmische Textur: Vladimir Dubyshkin verschränkt eine Hookline und eine Bassfigur zu einem kurzen Loop, dessen präzis dosierte Spannung an die kontrollierten, flüssigen Schritte eines Läufers erinnert. Barcode Population ist eine besondere Entdeckung von Kraviz: Nachdem sie seinen einzigen Release von 1996 in ihrem Boiler Room-Set spielte, kontaktierte er sie und schickte ihr unveröffentlichte Stücke. Die beiden hier vertretenen Tracks von ihm verfolgen einen eigentümlichen, monotonen Techno Sound, dessen Groove einen ganz persönlichen Flow zwischen einer abgehackten Abruptheit und einem flüssigen Percussion Sound entwickelt.

Erfolgreichen DJs steht oft ihr Ego und ihre Geltungssucht im Weg. Insofern erstaunt es, wie konsequent Nina Kraviz diese Fallstricke vermeidet. Produktionstechnische Strahlkraft, Zeitgeist, Hahnenkämpfe oder Zweitverwertungspotentiale haben hier keine erkennbare Bedeutung. Dazu sind diese 16 Tracks zu bescheiden und zu abseitig. Entweder man spürt es – oder man spürt es
nicht.


Stream: Diverse‘Ivan, Come On, Unlock The Box’

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