Dieser Text ist Teil unseres Jahresrückblicks. Alle Texte findet ihr hier.
Sinam Hüls ist Booker im Tresor.West, dem maßgeblichen Technoclub in Dortmund, und bucht dort Acts wie DVS1, Ellen Allien oder DJ Rush. Seine Sporen in NRW verdiente sich Hüls in der Druckluft in Oberhausen.
Geboren und aufgewachsen ist Sinam Hüls aber in Berlin-Kreuzberg. Als er mit 16 Jahren zum ersten Mal das Berghain besuchte, war es um ihn geschehen und er schlug einen Lebens- und Karriereweg in der elektronischen Musik ein. Unter anderem war er als Booker bei der Synoid und beim Anomalie Art Club tätig.
GROOVE-Autor Viktor Meier wollte von Sinam Hüls unter anderem wissen, wie man sich als kleiner, fundamentalistischer Technoclub gegenüber global agierenden Booking-Agenturen behaupten kann, was ihm den Club vollmacht und wie sich die musikalischen Entwicklungen seit der Pandemie dort niederschlagen.
GROOVE: Wie sieht dein Arbeitsalltag als Booker zurzeit aus?
Sinam Hüls: Das ist ganz unterschiedlich. In der Regel ist das eine Mischung aus Mails schreiben, Line-ups konzipieren, Veranstaltungskonzepte erarbeiten, in neu erschienene Musik reinhören und im Blick behalten, in welche Richtung sich die Trends entwickeln. Ich frage mich darüber hinaus, worauf junge Menschen Bock haben, und schaue, wie sich das mit der musikalischen Mission vereinen lässt, die wir im Tresor.West fahren. Ich gehe aber auch viel auf Partys, um Musik und Publikum live zu erleben.
Was macht eine gute Party aus?
Für eine gute Party ist die Mischung der Gäste wichtiger als die gebuchten DJs. Du kannst noch so ein gutes Soundsystem, tolles Licht und ein schlaues Programm haben: wenn da nur Arschlöcher abhängen, bringt das alles nichts. Deswegen schicken wir auch Leute nach Hause, selbst wenn die Hütte nicht voll ist. Gleichzeitig kann man in Dortmund nicht so entspannt selektieren wie in Berlin – Schlangen bis zum Horizont gibt es bei uns nicht. Das ist richtige Frontarbeit bei uns.
Wie unterscheidet euch euer Club zum Tresor in Berlin?
Tresor ist kein Franchise. Das kannst du nicht in jeder Stadt aufbauen, mit der gleichen musikalischen Idee durchziehen und denken, dass das funktioniert. Man kann nicht eine aus Berlin gesteuerte Subkultur in Dortmund umsetzen. Deshalb verbinden wir unseren Anspruch eines kuratierten Clubs mit einem glaubwürdigen Techno-Booking mit einer Verwurzelung in den Communitys von Stadt und Region. By the community, for the community. Programm mit Underground-Fokus, das ist der Anspruch, den wir aus Berlin übernehmen und in Dortmund unter anderen Bedingungen umsetzen wollen.
Dabei probiert ihr, die Dortmunder Subkultur miteinzubeziehen?
Komplett. Das ist nicht so wie in Berlin, wo sich hinter jeder Ecke fähige DJs verbergen. Wir müssen graben. Nicht alles entspricht unserem Qualitätsanspruch oder der musikalischen Vorstellung des Tresor, deswegen bin ich ständig auf der Suche. Dennoch verfügen wir mittlerweile über einen starken Pool von lokalen Residents, Regulars und Kollektiven. Wirklich coole Leute, die hinter unserer Vision stehen und ihren Sound einbringen.
„Da zieht man sich die Rave-Chain so an wie das Dirndl auf dem Oktoberfest.”
Wie hat sich die Szene dort nach Corona verändert?
Weil die Clubkultur in Deutschland und auch international seit Corona nicht mehr so richtig Fuß bei jungen Leuten fassen konnte, setzen viele Veranstalter:innen auf neue Konzepte. Diese gehen meistens weg von Clubs und Residents, hin zu Off-Events, wo die Superstars von Instagram spielen. Wo alles instagramable ist, wo die Handys nicht abgeklebt werden, wo reingelassen wird, wer ein Ticket hat, wo es dann sieben Pre-Sale-Wellen gibt, wo Sets als all night long beworben werden, obwohl dann trotzdem wer anders das Warm-up spielt. Die Räume des Untergrunds reichen da von der Kapazität nicht mehr. Wir haben 400 bis 800 Gäste, diese neuen Konzepte und Business-Modelle sind eher auf 2000 bis 5000 verkaufte Tickets im Presale ausgelegt.
Bedient sich da der Pop an der Subkultur?
Ja, das hat nichts mehr mit Techno, Raves oder Black Counterculture zu tun. Ich denke, dass es heutzutage für junge Menschen schwieriger ist, tiefer zu graben. Die Techno-Hyperinflation sucht sich eigene Räume, Gegenkultur findet dort nicht mehr statt, obwohl die Events oft als solche vermarktet werden. Da zieht man sich die Rave-Chain so an wie das Dirndl auf dem Oktoberfest. Die Menschen mimen dann für einen Abend die Kinky-Underground-Subkultur, haben aber eigentlich gar nichts damit zu tun. Auf mich wirkt das wie Fasching. An solchen Happenings und den damit einhergehenden Monster-Gagen haben sich natürlich auch die Agenturen gewöhnt. Das schadet dann zwangsläufig der Subkultur.
Wie sehen die das?
Die meisten wollen primär Geld verdienen. Die fragen sich dann, warum sie ihren Act an einem Samstag im Tresor.West spielen lassen sollen, wo ein paar hundert Leute reinpassen und nur ein Bruchteil der Gage gezahlt wird, die bei einer kommerziellen Großveranstaltung fällig wird. Dann entscheidet man sich meistens für die höhere Gage. Das ist damit Pop- und nicht Subkultur.
In Bezug auf Gagen: Die kann an einem Abend zwischen DJs stark variieren. Wie kommen die Gagen bei euch zustande?
Das ist ganz unterschiedlich. Altgediente Helden der Szene, die seit Dekaden einen Impact auf die Kultur haben, haben natürlich andere Ansprüche als jemand, der seit fünf Jahren auflegt. Man muss natürlich mit anderen Clubs konkurrenzfähig bleiben. Die Gagengestaltung findet bei uns so statt, dass ich in erster Linie schaue, dass die Gage für alle Beteiligten funktioniert. Nicht nur für Agent:innen und DJs, sondern auch für uns als Club. Am Ende ist es auch meine Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeitenden, die bei uns im Club tätig sind, ihre Miete bezahlen können. Das geht nicht, wenn der DJ am Ende mit 5.000 Euro nach Hause geht, während die Nacht für uns finanziell defizitär lief.
„Ich will nicht die Sau am Nasenring durch die Manege ziehen und hoffen, dass der Influencer mir die Hütte vollmacht.”
Ist die Gage im Tresor.West im Vergleich zu anderen Clubs geringer?
Wir zahlen weit unter Durchschnitt. Primär hängt das mit unserer beschränkten Kapazität zusammen und der überschaubaren Zielgruppe in Stadt und Umland. Wir geben den DJs aber auch etwas: Sie spielen in einem wunderschönen Club, der mit viel Liebe gestaltet wurde, mit einem erhabenen Soundsystem. Wenn es dann mal voll ist, kann im Club eine Stimmung aufkommen, die man selbst in Berlin selten erlebt. Wir haben zum Beispiel keine Touristen. Unsere Gäste sind Leute, die den Club als ihr Zuhause begreifen und sich dementsprechend verhalten. Wir können den DJs nicht die Taschen mit Geld vollstopfen, wir geben ihnen aber die Möglichkeit, in der Untergrundkultur stattzufinden.
Wie vermittelt ihr das?
Wir haben viele Acts, mit denen wir schon lange zusammenarbeiten und die Verständnis für die Situation haben, in der wir uns befinden. Der Underground von Dortmund zu sein, ist kein Businessmodell. Ich gebe den Bookern der DJs einen Einblick in unsere Situation, und dann einigt man sich – oder eben nicht. Ich habe dabei oft die Erfahrung gemacht, dass die OGs des Undergrounds, die jetzt auch auf den großen Bühnen stattfinden, gerne zu uns in die Clubs zurückkommen. Die haben ja keinen Bock auf einen 30 Meter langen Pressegraben zwischen ihnen und der Crowd. Die sind dankbar, wieder im Clubkontext stattfinden zu dürfen, und können unsere Gagenkalkulation nachvollziehen. Die, die ein Problem mit der Gage haben, sind eher die jüngeren DJs, die Viralität haben und mehr von Instagram-Reels verstehen als von Übergängen, Track-Selection oder Set-Dramaturgie.
Spielen beim Booking auch die Instagram-Follower:innen eine Rolle?
Ich bin mir sicher, dass einige Club-Booker:innen auf die Follower:innen schauen. Ich bin aber Kurator und kein AIDA-Entertainer. Ich buche DJs und keine Influencer. Deswegen gebe ich nichts auf Instagram-Following oder darauf, was der Zeitgeist gerade vorschreibt. Ich will nicht die Sau am Nasenring durch die Manege ziehen und hoffen, dass der Influencer mir den Club vollmacht.
Wäre das denn möglich? Würden da Leute kommen?
Oft lassen sich die Instagram-Follower:innen überhaupt nicht in zahlende Gäste an der Tür übersetzen. Da wird oft geschummelt, es gibt viele Möglichkeiten, ein vermeintliches Momentum zu inszenieren. Das kann in der Realität ganz anders aussehen. Ich rede von den Leuten, die ganz viele Klicks und Likes haben, und bei Resident Advisor nur drei Follower:innen. Nur weil irgendjemand eine Form von Viralität hat oder mit der Axt in die Kerbe des Zeitgeistes haut, sollen die Abertausende von Euros vermeintlich gerechtfertigt sein. Da machen wir in Dortmund nicht mit. Die Gage eines jungen Acts, mit coolem Sound und irgendeiner Form von Momentum, setze ich immer in Relation zu dem, was ich altgedienten DJs mit jahrzehntelanger Erfahrung zahle. Ich werfe keinem Youngster und seinem Agenten 5.000 Euro in den Rachen.
„Es ist nicht nur nicht nachhaltig, das ist Fastfood-Culture.”
Hat sich da der Anspruch bei Verhandlungen in den letzten Jahren verändert?
Es gibt viele Agenturen, mit denen ich seit Jahren sehr gerne zusammenarbeite. Die sehen die Relevanz unseres Clubs und kommen uns stark entgegen. Das sind vor allem etablierte Agenturen, die Künstler in ihrem Roster haben, die mich und mein Verständnis von elektronischer Musik maßgeblich mitgeprägt haben. Aber viele junge Agenturen, die ihren Artist-Roster auf Hypes und Zeitgeist aufbauen und auf Momentum setzen, kommen mit Vorstellungen um die Ecke, die fernab jeglicher Realität sind. Da antworte ich teilweise gar nicht. Am Ende ist es für die Künstler:innen immer auch eine Möglichkeit, bei uns zu spielen. Denn die Künstler:innen, die bei uns gespielt haben, kommen gerne wieder.
Wie könnten Gagen fairer gestaltet werden?
Ohne konkret auf Zahlen einzugehen, ist es so, dass wir ab 2025 eine Obergrenze für Gagen einführen. Diese Deckelung betrifft dann alle, egal ob DJs der ersten Stunde, die in Dortmund auf wenig Verständnis treffen, oder neue Acts, die uns den Club vollmachen. Ich kriege immer öfter mit, wie Clubs das auch abseits von Berlin machen. Und ich glaube, das ist der Weg, den in Zukunft mehr Clubs einschlagen sollten.
Was bringt euch solch eine Obergrenze?
Wir können dann fest kalkulieren. Aus der Pressemitteilung der Clubcomission ging hervor, dass jedem zweiten Berliner Club in den nächsten Jahren die Schließung droht. Und auch befreundete Booker aus München, Hamburg, Kiew oder Tbilissi erzählen mir das Gleiche: Es ist super schwer, mit Underground-Sound die Läden vollzukriegen. Und wenn der Laden nicht ausreichend voll ist, musst du zumachen.
Wie habt ihr den Betrag festgelegt?
Wir haben uns zusammengesetzt und ausgerechnet, was wir maximal zahlen können, ohne mittelfristig Schulden zu machen. Geld verdienen will hier keiner, es geht nur darum, den Club weiter betreiben zu können. Nach Auswertung der letzten Jahre und mit Blick auf unsere Produktionskosten sind wir dann auf diesen Betrag gekommen. Und jetzt ist es meine Aufgabe, den Agenturen zu erklären, warum wir grundsätzlich keine DJ-Gagen von mehreren tausend Euro zahlen können. Gleichzeitig setze ich auf Transparenz, damit Agenturen, die keine Vorstellung davon haben, vor welchen Problemen und Kostenapparaten kleine Clubs abseits der europäischen Metropolen stehen, verstehen, wieviel es kostet, so einen Club zu betreiben. Das ist vielen leider nicht bewusst.
„Don’t make the DJ the Star. Bei uns ist es so, dass der Laden so nebelig ist, dass du den DJ gar nicht siehst, wenn er spielt.”
Wie nachhaltig schätzt du die Entwicklung der zunehmenden Partyreihen und den Hang zu Pop-Formaten ein?
Als nicht nachhaltig. Nach Corona war zum Beispiel die erste Party vieler junger Leute, die vor Corona noch nicht in Clubs durften, das Pariser Hardtechno-Format Possession. Das ist gerade mal zwei Jahre her, und das Konzept wirkt jetzt schon antiquiert. Die Halbwertszeit von diesem Hype war nicht mal ein Jahr. Das sind Business-Konzepte, die, wenn sie nicht mehr funktionieren, sofort von den nächsten Konzepten abgelöst werden.
Wie geht man als Booker des Tresor-West mit diesen Tendenzen um? Geht man dann noch mehr in eine Antihaltung rein, oder probiert man doch auch irgendwie Wogen zu glätten und Brücken zu schlagen?
Ich bin ein Sound-Nerd. Ich bin sowieso immer in der Antihaltung, was Bürde wie Befreiung ist. Am Ende muss ich den Club vollmachen, und ich weiß genau, dass keine Sau kommt, wenn ich das buche, worauf ich ganz persönlich Bock habe. Ich komme aus Berlin und bin hier aufgewachsen, habe aber lange im Ruhrgebiet gewohnt und studiert. Meine Mission, schon lange vor dem Tresor.West, war es immer, Detroit- und Berlin-Sound im Ruhrgebiet zu vermitteln. Vor Corona hat das immer gut geklappt. Seit Corona nicht mehr. Deswegen ist mein Job im Tresor.West, über mein Ego und über meinen eigenen Geschmack oder Anspruch hinauszuwachsen und den jungen Leuten die Hand zu reichen.
Wie macht ihr das?
Wir arbeiten gerade an einem Konzept, mit dem wir Brücken zur jungen Generation bauen wollen. Wir machen auch Bookings, die nicht unbedingt Tresor-typisch sind, sondern eher als Einladung an die Post-Covid-Generation verstanden werden wollen. Ich buche aber keine Leute, wo ich mir nicht sicher bin, dass sie einen guten Sound spielen. Ich buche Acts, von denen ich mir denke, dass junge Leute das eher verstehen und kommen. Sodass die Gesamterfahrung, die so ein Club bietet, erlebbar wird.
Was ist für dich ausschlaggebend, wenn du diese Acts buchst?
Natürlich gibt es auch junge Leute, die wissen, wie Instagram und TikTok funktioniert, dort für sich ein Momentum aufgebaut haben und trotzdem einen coolen Sound spielen. Aber ich würde niemals jemanden buchen, den ich selbst nicht gut finde, nur weil die Person Leute anzieht. Sowas gibt’s bei mir nicht. Bei allen DJs, die ich buche, stehe ich 100 Prozent dahinter. Das ist auch ein großer Luxus. Viele Clubbetreiber:innen haben diesen Luxus nicht. Sie müssen dafür sorgen, dass der Laden voll wird, ansonsten müssten sie zusperren. Das ist nicht nur für die Szene der jeweiligen Städte eine Katastrophe, sondern auch für 20 bis 30 Existenzen, die erstmal vor dem Nichts stehen. In dieser Situation sind wir glücklicherweise noch nicht. Ich habe das Privileg, zu sagen, dass der Sound an erster Stelle steht.
„Es ist aber nun leider so, dass die Whackness in Zeiten von Social-Media am lautesten strahlt.”
Haben es DJs zurzeit am einfachsten in der Szene?
Ja, mit Abstand. Aber: Don’t make the DJ the Star. Bei uns ist es so, dass der Laden so nebelig ist, dass du ihn oft gar nicht siehst, wenn er spielt. Ich habe bei meinen Partys den DJ immer schon aus der Bühnensituation rausgeholt. Ebenerdig, auf Augenhöhe. 4-Punkt-Beschallung, damit du gar nicht weißt, woher der Sound kommt. Damit nicht alle in eine Richtung tanzen. Vom DJ weg, und nicht zum DJ hin. Dass der DJ der Star wurde, war von Anfang das Problem. Wenn ich auf dem Floor stehe, dann möchte ich, dass der DJ arbeitet. Und das ist gerade im Tresor.West oft der Fall. Ich buche keine Hands-up-DJs, die die Leute entertainen, sondern ich buche real-ass Künstler:innen. Die gucken nicht in die Crowd, die arbeiten. Da ist man dankbar, anwesend sein zu dürfen, wenn ein DVS1 oder ein Peter van Hoesen spielen.
Wie ist die Situation im Ruhrgebiet?
Viele junge Leute ziehen weg, weil es nichts gibt. Wir müssen komplett autark funktionieren. Außerdem ist es im Ruhrgebiet auch strukturell schwierig. Wenn Schnee fällt und keine Bahnen mehr fahren, dann bleibt der Laden leer. Zwar befinden wir uns im größten Ballungsraum Europas, aber trotzdem teilt man sich mit ein paar anderen Clubs eine Zielgruppe von vielleicht 3.000 Leuten. Das ist in Berlin unvorstellbar. Da machst du die Türen auf und die Leute kommen wie Motten zum Licht.
Siehst du auch irgendwo Chancen in diesem Brückenschlag zwischen Subkultur und Pop und der medialen Öffentlichkeit?
Ich denke, es braucht eine Abspaltung. Sobald sich zum Beispiel der Hardtechno, Hypertrance oder, besser gesagt, die europäische Interpretation von EDM ihre eigenen Räume gesucht hat, kann Underground-Clubkultur wieder aufatmen Aktuell müssen viele Venues leider inkonsequent buchen, um genug Gäste zu ziehen. Das hat nicht nur zur Konsequenz, dass sich ernstzunehmende Künstler:innen mit den OGUZen dieser Welt Bühnen und Räume teilen müssen, sondern auch, dass diese Hyperinflation unserer Kultur für den Besucher legitimiert wird. Da wird nachgeahmt, was auf amerikanischen EDM-Festivals funktioniert, die immer gleichen Social-Media-Strategien kopiert, 30 BPM schneller gespielt und das Ganze dann als Techno vermarktet.
Warum lässt man sich darauf ein?
Natürlich müssen die das mitnehmen, weil sie sonst ihre Rechnungen nicht bezahlen können und zumachen müssen. Du kannst es nicht den Clubs vorwerfen, man muss es eher dem Publikum vorwerfen. Aber am Ende ist das auch die erwähnte Abspaltung, die von ganz alleine stattfindet, und man muss jetzt einfach ausharren und versuchen, Schadensminimierung zu betreiben. Ich bin 29 Jahre alt. Ich bin jetzt kein Greis, der auf die jungen Leute schimpft. Da kommt aktuell auch viel guter Kram. Es ist aber nun leider so, dass Whackness in Zeiten von Social Media am lautesten strahlt. Wenn du auf Social Media vorgibst, der Vinyl-Guy zu sein, aber dann im Club keine drei Übergänge spielen kannst, wird es lächerlich. Gleichzeitig verstehe ich auch den Druck, posten zu müssen, weil du sonst das Gefühl hast, nicht stattzufinden und nicht gebucht zu werden. Aber wenn dich jemand aus Singapur liket, heißt das nicht, dass du in Dortmund den Club vollmachst.