Dieser Beitrag ist Teil unseres Jahresrückblicks REWIND2023. Alle Texte findet ihr hier.
Im vergangenen August wurde bekannt, dass die Bookingagentur Thisisfun eingestellt wird. Mitgegründet hat sie der Heilbronner Wahlberliner Kevin Stein, der bereits ab Beginn der Zehnerjahre als Veranstalter aktiv war, im Jahr 2019. Auf dem Roster der kleinen Agentur, die zu Hochzeiten neun Künstler:innen gleichzeitig betreute, befanden sich unter anderem Acts wie Alinka, Gonno, ItaloJohnson, Ogazón, Nick Höppner oder Theo Kottis. Nach dem Ende seiner Laufbahn als Booker gewährt Stein nun Einblicke in ein Geschäft, das sich parallel zum exzessiven Rave-Geschehen in Clubs und auf Festivals abspielt.
Wie sich das Business über die Jahre hinweg verändert hat, wieso Festival-Line-ups in diesem Jahr homogener waren denn je und welch tragende Rolle Social Media auch im Booking-Bereich spielt, lest ihr im Interview.
Nach vier Jahren hast du deine Agentur Thisisfun in diesem Jahr eingestellt. Hat diese Zeit deine Wahrnehmung der Szene verändert?
Der Schein dieser Friede-Freude-Eierkuchen-Partyfamilie ist nach wie vor existent. Letztendlich ist es aber ein Business wie jedes andere. Auch von Gier und dem Streben nach Macht geprägt, das ist schon dominant. Je größer die Bühnen, desto stärker steigt das Verlangen nach Gagen und Sichtbarkeit.
Wann warst du erstmals als Booker tätig?
2015 habe ich das erste Mal professionell in einer Agentur gearbeitet, beim MELT-Festival, bei Melt Booking. Das war eine Praktikumsstelle, die für sechs Monate ausgeschrieben war. Danach habe ich bei Backroom Entertainment (ehemalige Berliner Bookingagentur, geschlossen 2018, Anmerkung des Redakteurs) und der Warm Agency angefangen. Erst als Booking Assistant, danach als Agent. Aus dieser Zeit stammt auch mein Credo als Booker, das mir Ali Tillet vom Warm mit auf den Weg gab: „You gotta be as nice as possible as long as possible to everyone you meet in this industry.” Insgesamt war ich dort drei Jahre, von 2016 bis 2019. Dann habe ich mich zusammen mit meinem Kumpel Manuel Schuller entschlossen, meine eigene Agentur zu gründen, in der ich fürs operative und administrative Geschäft zuständig war.
Wie hast du dir erste Künstler:innen ins Boot geholt?
Wichtig war mir immer, dass ich mir die Sets der Leute gut anhören konnte. In der Zeit als Agent bei Backroom und Warm hatte ich schon Gonno und habe außerdem mit Mr. Ties gearbeitet, ItaloJohnson waren dort und sind nach wie vor bei mir – die Drei waren mein Roster. Der Kumpel, mit dem ich die Agentur gegründet habe, war außerdem ganz gut mit Nick Höppner befreundet, der dann auch zu uns kam. Und als einer der Ersten stieß außerdem Theo Kottis hinzu.
Wie bist du auf ihn gekommen?
Den hatte ich auf eine meiner Partys in der Renate in Berlin gebucht. Bei ihm habe ich von vornherein gesehen, dass er es draufhat und völlig underrated ist. Er meinte auf der Party, dass er nächste Woche seinen ersten Boiler Room in Edinburgh spielt. Eher im Scherz sagte er, ich solle doch vorbeikommen, damals war er noch bei einer anderen Agentur. Ich habe mir kurzerhand einen Flug gebucht und bin hin. Der konnte seinen Augen nicht trauen. Als wir über Bookings gesprochen haben, meinte ich, dass er unbedingt in der Panorama Bar spielen muss. „Wenn du mich da reinkriegst, wechsle ich sofort in dein Roster”, sagte er. Das war immer mein Approach: Direkt auf die Leute zugehen.
Wie konntest du dir sicher sein, dass du das hinkriegst?
Das war natürlich hoch gepokert, weil ich nicht wusste, ob der Booker der Panorama Bar das wirklich macht.
Aber du kanntest ihn. Wie hast du diese Kontakte aufgebaut?
Die wirklich wichtigen Leute habe ich über die Jahre kennengelernt. Zuerst durch E-Mail-Kontakt in meiner Assistententätigkeit. Der Hauptagent stellt dich erst mal vor. So was geht natürlich nicht über Nacht. Dein Netzwerk wächst organisch. Natürlich sollte man im Club auch präsent sein. (lacht)
„Mittlerweile interessiert es keinen mehr, ob du auf Dekmantel, Permanent Vacation oder wo auch immer veröffentlichst.”
Kevin Stein
Du hast gesagt, Theo Kottis war zuvor bei einer anderen Agentur. Hattest du Skrupel, als du ihn abgeworben hast?
Nein. Das Credo, mit dem ich als Booker aufgewachsen bin, war, dass man Leute von anderen Agenturen nicht aktiv stehlen soll. Das habe ich auch nie gemacht. In den letzten Jahren hat sich das allgemein aber stark geändert.
Auch die Booking-Ökonomie und die Verteilung von Gigs an Künstler:innen selbst?
Das war letztendlich einer der Gründe, aus denen ich gesagt habe, dass das ganze Business und die Szene sich in eine Richtung verändert haben, hinter der ich nicht mehr stehen kann. Ein Grund, warum ich damit angefangen habe, war, dass Musik, Geschmack und Qualität Gradmesser waren. Wenn du ein Album auf einem soliden Label releast hast, konntest du relativ sicher sein, dass du dafür gebucht wurdest.
Und wie sieht es heute aus?
Mittlerweile interessiert es keinen mehr, ob du auf Dekmantel, Permanent Vacation oder wo auch immer veröffentlichst. Es gibt ganz viele DJs und Producer, die von dem, was sie machen, nicht mal ihre Miete bezahlen können, obwohl sie Herzblut, Talent und Hingabe aufbringen. Während es andere gibt, die sagen: „Die richtigen Leute folgen mir auf Instagram und ich like mal hier und da und bekomme deswegen Festival-Bookings.”
Trotzdem scheinen etablierte Künstler:innen auf dem Festivalmarkt präsenter denn je zu sein, und Festival-Line-ups scheinen sich immer weiter anzugleichen. Dieses Jahr war ich diesbezüglich viel unterwegs und würde behaupten, dass eine noch stärkere Homogenisierung stattgefunden hat. Wie erklärst du dir diese?
Nicht zuletzt mit der Macht einzelner Bookingagenturen. Ich habe mal einen Artikel gelesen, dessen Quintessenz war, dass es etwa 100 Künstler:innen gibt, von denen viele auf 99 Prozent aller Line-ups zu finden sind. Das ist schon ein wenig her. Das waren zu dem Zeitpunkt Leute wie The Blessed Madonna, Job Jobse, Midland, Ben UFO. Nur mit denen hast du schon mal 40 Prozent aller Headline-Slots auf Festivals abgedeckt. Heutzutage sind es wahrscheinlich Job, Freddy K, Kobosil, Amelie Lens.
An Bookings kommen über Kontakte und die „richtigen Leute auf Instagram”, wie du es nennst – hat sich das bei dir in der Agentur bemerkbar gemacht?
Ganz krass war die Entwicklung einer Künstlerin im Roster. Die hatte mich angeschrieben, eine oder zwei Wochen, nachdem publik wurde, dass Nathalie (Ogazón, d.Red.) die Agentur verlässt. Sie hat sich quasi beworben, nachdem ein Platz frei wurde. Ich hatte noch nie von ihr gehört und habe mir dann ihr Profil angeschaut. Ich dachte mir, „Wow, ihr folgen alle möglichen Industry Key People.” Job, Midland, Shanti Celeste waren alle große Fans. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt das erste Mal von ihr gelesen. Ich habe dann mal reingehört und fand ihre Mixe cool. Dann fingen wir an, zusammenzuarbeiten.
Wie entwickelte sich das?
Nach ein paar Wochen hatte sie schon Fantasien, dass sie auf allen möglichen Festival-Line-ups stehen sollte, hat mir proaktiv einen Businessplan vorgelegt, wo sie gerne spielen würde. Und sie war eine absolute Newcomerin, hatte noch nirgends in Deutschland gespielt. Ich habe ihr einen ersten Gig im Heideglühen verschafft. Das Feedback, das vom Club kam, war vernichtend. Bei denen habe ich einen Stein im Brett und sie vertrauen mir eigentlich sehr. Ich musste einiges an Überzeugungsarbeit leisten, um sie dort reinzubekommen. Offenbar hat sie das nicht gut gemacht. Das war der erste Hammer. Dann hat sie noch einen Mix für ein Magazin abgeliefert, der unter aller Kanone war, überhaupt nicht gut abgemischt.
Erst mal fängt man doch an, Musik zu machen oder zu spielen. Einfach, weil man Bock hat. Da braucht man noch keinen Agenten oder Manager, sondern eine große Leidenschaft für Discogs oder decks.de.
Kevin Stein
Die Ansprüche blieben aber bestehen?
Meiner Meinung nach wäre sie auch heute noch ein 500-Euro-Act, damit wäre sie ein Jahr lang gut bedient. Ich hatte ein Angebot aus London über 600 Pfund und ein paar andere Sachen in der Größenordnung. Das war ihr alles zu wenig, unter 1000 wollte sie nicht spielen.
Und jetzt?
Jetzt ist sie bei einer großen Agentur. (lacht) Sie is Best Friends mit allen möglichen Headline-DJs, und das ist ihr Ticket für gute Gigs. Das ist ein Paradebeispiel für Vitamin B.
Obwohl Vitamin B ja schon immer eine große Rolle gespielt hat.
Ja, aber doch nicht nur.
Beziehungen spielen heutzutage also eine noch größere Rolle?
Würde ich schon sagen. Das Künstlerische macht nicht mehr so viel aus, die richtigen Leute müssen dich cool finden. Das kann man aber leider nicht erzwingen.
Viele Künstler:innen starten also mit einer überzogenen Erwartungshaltung?
In vielen Fällen ist das ganze Unterfangen falsch gedacht. Erst mal fängt man doch an, Musik zu machen oder zu spielen. Einfach, weil man Bock hat. Da braucht man noch keinen Agenten oder Manager, sondern eine große Leidenschaft für Discogs oder decks.de. Und wenn das läuft, man alles aus dem Effeff kann und eine gewisse Anzahl an Bookings vorzuweisen hat, dann kann man über einen Agenten nachdenken. Zu planen, dass mich jemand von Anfang an groß machen soll, halte ich für den falschen Weg.
Das Booking-Business ist ein sehr langwieriges, mühsames Geschäft, in dem man über Jahre einen Pitch aufbaut.
Kevin Stein
Und du denkst, dass das heute noch funktionieren kann?
Klar, Nathalie (Ogazón, d.Red.) ist das beste Beispiel.
Wie bist du auf sie aufmerksam geworden?
Durch HÖR. (lacht) Sie hat dort ein Set gespielt, das durch die Decke ging. Ich hatte sie zuvor mal auf der Fusion getroffen und dann durch einen gemeinsamen Freund erfahren, dass sie auch auflegt. Ich habe ihn dann gefragt, ob er uns mal vorstellen kann.
Nicht nur in diesem Fall: Wie geht man am besten auf Künstler:innen zu, ohne zu affirmativ zu wirken?
Bei mir war das immer ein natürlicher Prozess. Von einer anderen Künstlerin, die auf meinem Roster gelandet ist, habe ich ebenfalls über einen Freund erfahren, dass sie bei ihrer Agentur unglücklich ist. Der meinte, ich solle mich mal mit ihr treffen.
Welche Gründe hat es, wenn ein Künstler bei einer Bookingagentur unglücklich ist?
Man muss fragen: Liegt es nur daran, dass man wenige Gigs hat, oder leistet der Agent wirklich messbar schlechte Arbeit. Wenn das so ist, muss man das angehen. Obwohl ich finde, dass heutzutage viel zu schnell Agentur gewechselt wird. Jetzt gar nicht auf mich bezogen, das sehe ich auch in vielen anderen Fällen. Das Booking-Business ist ein sehr langwieriges, mühsames Geschäft, in dem man über Jahre einen Pitch aufbaut. Es dauert meiner Meinung nach mindestens zwei Jahre, bis man wirklich beurteilen kann, ob etwas funktioniert oder nicht.
Was ist die „messbar schlechte Arbeit”, von der du eben gesprochen hast?
Nicht rechtzeitig auf E-Mails zu antworten, ist zum Beispiel ein Klassiker. Wenn Promoter schon auf einen Künstler zukommen und dem sagen, dass sein Agent nicht reagiert, sollte man tatsächlich die rote Flagge hissen. Oder wenn Gagen mangels Transparenz verschwinden.
Das passiert?
Ich habe während meiner Zeit als Booker oft davon gehört, ja.
Wie hoch ist denn die handelsübliche Provision für Booker? Reicht die nicht?
15 Prozent sind üblich. Die kommen auf die Gage oben drauf. Ich will gar nicht in jedem Fall unterstellen, dass das böswillig passiert. Oft arbeiten in Agenturen aber Leute mit, die den Beruf nicht wirklich gelernt haben. Die kommen als Quereinsteiger und machen da so ein bisschen Finanzen. Und dann passiert so was mitunter.
Du hast eben schon angesprochen, dass Social Media seinen Teil beiträgt. Wie man von Künstler:innen mitbekommt, wird ihnen von ihren Managern oft dazu geraten, Videos von sich zu posten. Nicht umsonst sieht man in den einschlägigen Feeds einen DJ-Rücken beim Drop nach dem anderen. Hast du das als Booker auch gemacht?
Eigentlich war ich für so ziemlich alle meine Leute auch in einer Management-Funktion tätig, weil das Roster so klein und wir deshalb ständig im privaten Austausch waren. Geraten habe ich so was nie jemandem. Meine Devise war tatsächlich, so wenig wie möglich auf Social Media zu posten. Das würden andere sicher anders sehen, aber jeder feiert es doch, wenn er nach Berlin kommt und die Handys werden abgeklebt. Das findet jeder geil. Und sobald DJs woanders auflegen, wird gepostet, bis der Arzt kommt. Das ist doch ein Paradoxon.
Vorhin haben wir über 500-Euro-Acts gesprochen. In welche Gagen-Kategorien ordnet man als Booker Künstler:innen ein?
Wenn man anfängt, verdient man relativ schnell 500, 600 Euro pro Gig. Das ist eine Schiene, auf der man lange unterwegs ist. Vielleicht auch 500 bis 1000 Euro, da breitet man sich gut und gerne mal zwei oder drei Jahre aus. Mit organischem Wachstum kommst du dann, wenn du am Ball bleibst, hier und da mal einen Remix machst oder so, irgendwann auf 1500 oder 2000 Euro. Es hängt auch davon ab, welche Gigs man spielt. Pauschal kann man das nie sagen. Einschlägige Festivals wie Nachti oder Dekmantel sind definitiv Karriere-Booster.
An diesen Line-ups orientieren sich andere Clubs und Festivals.
Genau. Mit welchen Acts wirst du assoziiert? Das ist wichtig. Am Anfang geht es aber erst mal drum, so viel zu spielen wie möglich, auch für niedrige Gagen.
Aber jeden Gig anzunehmen, ist auch nicht förderlich.
Definitiv nicht. Künstler:innen auf meinem ehemaligen Roster würde ich stark davon abraten, in Clubs zu spielen, wo sie musikalisch nicht hinpassen, egal wieviel die bezahlen. Auch wenn der Club passt, sollte man sich das Line-up anschauen. Wenn du da zusammen mit Acts draufstehst, die keinen Sinn machen oder in deiner musikalischen Schiene nicht die nötige Reputation haben, geht das auch nicht. Damit macht man sich mehr kaputt, als man sich aufbauen kann.
Einfach schon dadurch, dass man auf demselben Line-up steht?
Ja. Man sieht das ganz gut an Künstlern, die früher viel in der Panorama Bar gespielt haben und jetzt in weitaus unpopuläreren Läden zu finden sind. Da kann man sagen, dass das Kind mehr oder weniger in den Brunnen gefallen ist.
Besonders in der Berliner Clublandschaft fällt in den letzten Jahren auf, dass Künstler:innen in Clubs spielen, mit denen man sie eigentlich nicht verbindet. Ellen Allien und sogar Marusha spielten zuletzt im Berghain. Auch im RSO.Berlin spielen an Silvester Acts, die man eher mit der Panorama Bar assoziiert. Der Austausch zwischen den Clubs scheint größer geworden zu sein. Wie kommt das? Und hat das mit der Pandemie zu tun?
Würde ich sagen. Zunächst ist das in meinen Augen eine erfreuliche Entwicklung, die der Stadt gut tut. Künstler müssen ihre Miete von irgendwas bezahlen, das ist eine Notwendigkeit. Und viele leben in Berlin und spielen lange nur in einem Club, sonst so gut wie nirgends. Das hat sich geändert.
Hatte das früher etwas mit Sperrklauseln zu tun?
Für Künstler aus der Stadt gab es die meines Wissens nie, Exklusivitätsklauseln greifen nur für externe Künstler. Das ist ganz normal und wird auch in Madrid oder London gemacht. In den Verträgen steht dann, dass du zum Beispiel zwei Monate vor und nach dem Gig nicht in der jeweiligen Stadt spielen darfst. Manchmal liegt der Fokus auf einem Club aber auch an den Agenten der Künstler selbst, weil sie kein Risiko eingehen wollen. Das habe ich am eigenen Leib erfahren. Ganz viele Agenten denken, wenn sie einmal ein Panorama-Bar-Booking drinhaben, spielt ihr Künstler nur noch da, und lehnen dann alles andere ab. Das ist Quatsch.
„Mit jedem Upload, den HÖR hochstellt, kommt eine neue Garde an vermeintlichen Superstar-DJs.”
Kevin Stein
Wieso hast du dich letztendlich entschieden, Thisisfun zu schließen?
Der Entschluss schlummerte schon länger in mir. Nachdem wir die Agentur 2019 gegründet hatten, kam ziemlich schnell die Pandemie. Während der haben wir sie auf Eis gelegt, und ich habe eine Festanstellung angenommen. Für mich war es eine geile Erfahrung, festangestellt zu sein. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich bezahlten Urlaub hatte, dass jeden Monat Geld auf mein Konto kam, dass man sich um nichts kümmern musste, außer um die eigene Arbeit. Ende 2021 hatte ich zwar wieder Lust, ins Booking-Business zu gehen, aber sobald ich drin war, hat mich die Wiederholung von Abläufen genervt. Dann kam noch das mit Nathalie auf den Tisch.
Die als Zugpferd die Agentur wechselte.
Genau. Das hat nochmal alles verändert. Davor dachte ich, dass es gerade sehr entspannt läuft und ich alles nur abarbeiten muss. Keine Kaltakquise mehr. Solange du nämlich keine Headline-Acts im Roster hast, ist die dein täglich Brot als Booking-Agent.
Also das Zugehen auf kleinere und unentdeckte Acts.
Ja. Obwohl ich gehört habe, dass mittlerweile selbst große Acts auf Agentur-Suche sind und diese Kaltakquise brauchen, weil die Konkurrenz so gnadenlos hart geworden ist und es so extrem viele DJs gibt. Es kommen ja jeden Tag mehr dazu! Mit jedem Upload, den HÖR hochstellt, kommt eine neue Garde an vermeintlichen Superstar-DJs.
HÖR hat das Geschäft signifikant verändert.
Total. Früher hast du auf Boiler Room geschaut, aber erst durch HÖR konnte es jeder innerhalb von 55 Minuten zu einem Weltstar schaffen.
Nochmal zum Ende der Agentur: Wann hast du den festen Entschluss gefasst, sie einzustellen?
2022 wurde ich Vater. Schon ein paar Wochen später habe ich gemerkt, dass mich das ganze Booking-Business als solches nicht mehr reizt und mein Fokus jetzt auf anderen Dingen liegt. Klar, ich gehe nach wie vor gerne mal in Clubs und höre mir DJ-Sets an, aber das soll nicht mehr der Mittelpunkt meiner täglichen Arbeit sein. Außerdem habe ich dieses Jahr ein Angebot von meinem neuen Arbeitgeber System One (Software für Künstlervermittlungsagenturen, d.Red.) erhalten, durch dessen Software meine Agentur über die letzten Jahre maßgeblich unterstützt wurde. So bin ich weiterhin mit unserer Szene verbunden, ohne jedoch vollkommen in sie eintauchen zu müssen.