Auch auf ihren letzten bepopen, fantastischen Alben „Segundo“ und „Tres Corsas“ (ihr Debüt „Rara“ ist bis heute nicht bei uns erhältlich) war das elektronische Songwriting der Argentinierin Juana Molina meilenweit entfernt von kuscheliger Indietronica auf der einen und Bossa Nova mit Downbeats auf der anderen Seite. Die Elektronik dient bei ihr weder zur zeitgemäßen Unterfütterung einer traditionellen Songform noch zur Erzeugung wohliger Soundkissen. Molinas Musik ist eine Musik der Kontraste. Die elektronischen Elemente bedienen sich bei gefundenen Sounds ebenso wie beim Minimal-Techno und werden meist dazu genutzt die Songstrukturen aufzubrechen. Die sind allerdings auch ohne die elektronische Komponente schon sehr ungewöhnlich. Was nach dem ersten Hören wie eine sehr intime (nur Stimme und Gitarre) Form von brasilianischem Pop klingt (Molina hat schon sehr früh Gitarrenunterricht bei den Größen des MPB Vinicius De Moraes und Chico Buarque genossen), entpuppt sich schnell als mehr. Die Songs haben eine seltsam zyklische Struktur, die auf subtile Weise mit dem Strophe-Brücke-Refrain-Schema bricht. Auf der neuen Platte experimentiert sie noch stärker mit den Zeitverzögerungen, die entstehen wenn man zwei unterschiedliche Loops parallel laufen lässt und dazu Songs mit quasi-Refrains singt, die zwar ähnlich klingen, aber nie gleich sind. Juana Molina hat das Zeug dazu eingängige Sommerhits zu schreiben, verweigert sich dem aber, um etwas viel aufregenderes zu kreieren. Den interessantesten und schönsten Avant-Pop dieser Tage.