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Mein Plattenschrank: PARAMIDA

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PARAMIDA hat einen einzigartigen Sound zwischen House, Tech-House, Disco und Italo erschaffen. Ihre Musik ist so zugänglich wie spezifisch. Shazam hilft bei ihren Sets kein Stück weiter. Egal ob in London, L.A. oder zuhause in Berlin – Paramida durchstöbert Plattenkisten rund um den Globus. Eine Diggerin par excellence.

2010 zog sie aus Hessen nach Berlin. Sozialisiert im Robert Johnson, brachte sie ihre Liebe für Italo Disco und Trance zu einer Zeit nach Berlin, in der viel Minimal Techno und Deep House gespielt wurde und es wenig Platz für funkige Basslines und emotionale Melodien gab. Seitdem ist in der Hauptstadt viel passiert – auch bei PARAMIDA. Sie erschloss sich die hiesige Szene als Plattenverkäuferin bei OYE. Nach dem Plattensammeln begann sie aufzulegen und ihre Platten zu sampeln und kam so zum Produzieren.

Eine Labelgründung von Love On The Rocks, mehrere Veröffentlichungen limitierter 12-Inches und eine Residency in der Panorama Bar später hat sie sich eine bemerkenswerte Nahbarkeit bewahrt. Im letzten Monat veröffentlichte sie nach dreijähriger Wartezeit ihre neue Solo-EP Devils Destination – ein Release, der in ihrer Diskografie heraussticht: Roh, hypnotisch und voller Bezüge auf genau die Tracks, die in ihrem Plattenschrank stehen – House-Raritäten, unterschätzte Italo-Perlen und kuriose Fundstücke.

GROOVE-Autor Ferdinand Görig hat PARAMIDA in ihrer Berliner Wohnung besucht, in der eine ganze Regalwand voller Vinyl steht. Bevor PARAMIDA über sechs prägende Platten spricht, ist noch Zeit für einen kleinen Plausch. Ihrer Meinung nach nehmen viele DJs und Clubs derzeit immer mehr „Ballermann-Züge” an; ihr eigener Anspruch ist ein anderer. Nach ihrem Verständnis ist ein DJ jemand, der die Stimmung der Party dirigiert, die stille Generalin in der Kanzel, deren Befehle die Musik sind.

Paramida vor ihrem Plattenschrank (Foto: Privat)
PARAMIDA

Servo Unique – Servo Unique (Luxury Records, 1993)

Diese Platte wurde als one off tatsächlich vom Don Jeff Mills produziert. Ich habe selbst eine Weile gebraucht, bis ich das gecheckt habe. Vor sieben Jahren habe ich die mal auf Discogs gekauft, zu einer Zeit, in der ich viel Italo House gediggt habe. Mir haben die Percussions von Anfang an super gut gefallen, für mich ist das wirklich eine der geilsten House-Platten. Gerade auch jetzt ist sie sehr relevant, wo viele Techno-DJs House-Sets spielen und Jeff Mills ja eigentlich kein House-DJ ist. Die Nummer hat einen gewissen Coolness-Faktor, die Platte ist nicht so cheesy, sondern groovy. Das ist fast Proto-Tech-House in seiner Struktur. Könnte auch in den frühen Neunzigern in Italien produziert worden sein.

Lama – Love On The Rocks (Remix) (Carrere, 1983)

2011 war ich in der Renate auf einer Party, auf der der bulgarische Digger-DJ Emil Doesn’t Drive aufgelegt hat. Die Nummer hat mich direkt umgehauen, weil sonst in Berlin zu der Zeit eigentlich nur Techno in den Clubs lief. Und auf einmal läuft die Musik, die ich von früher kenne, in einem anderen Kontext. Nach diesem Stück habe ich dann mein Label benannt. Interessanterweise ist das eine Coverversion des Disco-Songs „El Velero (Il Veliero)” von Lucio Battisti. Diesen Song hat die Chaplin Band 1982 neu interpretiert, bevor ihn Lama ein Jahr später in einer englischsprachigen Version coverte. Alle drei Versionen sind extrem cool.

Mike Mareen – Dancing in die Dark (Galactica Remix) (Night’n Day, 1985)

2010 war ich auf einer Party, auf der Christian Pannenborg vom damaligen Record Loft gespielt hat. Parallel zum Auflegen hat er da Platten verkauft. Ich hab dann diese Platte und Take A Chance von Mr. Flagio von ihm erworben. Beim Rausgehen lief ich Daniel Wang in die Arme. Er meinte zu mir, dass Dancing In The Dark momentan seine Lieblingsplatte sei, und ich war total starstruck. Das ist eine richtig geile Italo-Disco-Nummer, die in Deutschland produziert wurde! Weil ich mit solcher Musik im Robert Johnson groß wurde, hat mir das von Anfang an direkt zugesagt.

Candi Staton – Pépé Bradock Mixes (Honest Jon’s, 2004)

Mein Kumpel Massimiliano Pagliara hat 2014 den ersten Release auf Love On The Rocks produziert. Dazu habe ich eine Party veranstaltet, auf der nd_Baumecker gespielt hat. Danach gab’s noch einen Hänger bei Massimiliano, wo nd_Baumecker dieses Teil aufgelegt hat. Und was soll ich sagen? Ich habe mich direkt schockverliebt und gleich drei, vier Kopien gekauft. Es ist nichts, was so ganz leicht zugänglich ist. Ich bin aber der Meinung, dass du als guter DJ jede Nummer spielen kannst, du musst sie nur im richtigen Moment auflegen. Die Kunst des Auflegens ist, diesen Moment herbeizuführen. Oft ist es so, dass die Leute das betreffende Stück lieben werden, sie wissen es nur noch nicht. Solche Stücke funktionieren nur in bestimmten Momenten – zu solchen Tracks muss man als DJ hinführen.

Romie Singh – Cry Freedom (HearBeat, 1989)

Bei dieser Nummer muss ich weit ausholen. Für mich hat Los Angeles die beste Underground- und Digger-Szene der Welt. Das da drüben ist so underground, dass hier niemand etwas davon mitbekommt. Dort habe ich einen Freund, der ein großer Digger und Plattenverkäufer ist. Er heißt Dirty Dave. Dave kauft auf Discogs immer ganze Bestände zusammen und verkauft die dann an Freunde und andere Digger. Er hat mir diese Platte 2017 das erste Mal vorgespielt. Ich war so begeistert, dass ich den Track gleich zehnmal hintereinander hören musste. Mir war sofort bewusst, dass ich ein Reissue machen muss. Irgendwie haben wir Romie Singh ausfindig machen können, sie lebte damals in London. Peter Hantke, einer der drei anderen Mitwirkenden, wohnte in Schöneberg. Bei ihm konnte ich die originalen Tapes abholen. Wir haben alles hier in Berlin bei Andreas von Schnittstelle remastern lassen und 300 limitierte Platten neu herausgebracht. Das hat zwei ganze Jahre gedauert und war das erste Reissue auf Love On The Rocks. Der Track liegt bei etwa 120 BPM, was aus momentaner Sicht sehr langsam ist. Wenn ich den noch spielen wollen würde, käme das eigentlich nur für ein Closing-Set infrage – da hätte ich auch die Freiheit, mit dem Tempo noch etwas rauf- oder runterzugehen.

Peyote Dreams – State of Mind (Slack Mix) (Rythm Design, 1994)

Wenn ich in einen Plattenladen gehe, kaufe ich immer gleich einen ganzen Stapel. Und in so einem Stapel war auch diese Platte dabei. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wo und wann ich diese Platte gekauft habe. Vieles, was mich geprägt hat, ist entweder Disco oder Trance. Der Track ist my kind of Trance, für mich ist das der archetypische Proto-Trance-Track, weil die Nummer so was Uriges hat.

Slack bestand damals aus Justin Drake und Quinn Whalley, Quinn Whalley war später ein Teil von Paranoid London. Von dieser Platte habe ich das zweite Reissue auf meinem Label gemacht. Wir haben zwei, drei Jahre damit verbracht, die Original-Tapes zu suchen, was uns leider nicht gelungen ist. Ich musste mich dann dazu entscheiden, die Platte zu rippen. Weil ich nicht schon wieder einen einseitigen Release machen wollte, habe ich kurzerhand Alex Kassian und Roza Terenzi gefragt, ob sie nicht Lust hätten, gewissermaßen einen Remix vom Remix zu produzieren.

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