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Die Krake-Eröffnung im Berghain: Richtig Welle machen

Einen ganzen Abend lang nahmen die Tentakel des Krake-Festivals das Berghain in Besitz. Die Eröffnungsveranstaltung am Dienstag bot dabei nicht nur Dancefloor-erprobte Live-Sets, Hip-Hop im klassischen MC-Format oder den ein oder anderen alten Pop-Hit, sondern auch jede Menge bunte Kostbarkeiten zum Anschauen.

Während die Künstler:innen mit ihren elaborierten und queeren Performances musikalisch für einen tollen Abend sorgten, begleitete Dragqueen Pansy das Treiben in der vollen Berghain-Halle in unterhaltsamer Leichtigkeit. Die Besucher:innen groovten sich währenddessen tanzend, staunend und lachend ins Festival ein. Julian Fischer war vor Ort.

Etwas ungewöhnlich scheint es, am Dienstagabend ins Berghain zu gehen. Doch die Krake ruft. Zwar hielt sich die Schlange vor den heiligen Techno-Hallen in Grenzen. Nach dem Eintreten und dem Aufgang ins Geschehen musste dann aber ein prüfender Blick Zweifel ausräumen, ob man nicht doch bei der Klubnacht gelandet ist. Denn drin ging es gleich richtig zur Sache.

Nichts zu hören von der ambienthaften Einstimmungsduselei bei Konzerten. Technoid wurden die Besucher:innen unterschiedlicher Altersgruppen auf den Abend vorbereitet. Das Angebot nahmen vor allem die Personen fortgeschrittenen Alters schnell an. Während weitere Gäste im Halbkreis vor der Bühne auf das erste Konzert warteten, holten sich andere einen Drink an der Bar, wo einem die Barkeeper das Bestellte in freizügigen Klubnacht-Outfits über den Tresen reichten.

Eine halbe Stunde später begrüßte dann die Berliner Dragqueen Pansy in weißer Rüschen-Unterhose und einem pink-orangenen Seiden-Oberteil herzlich das Publikum. Bevor ein kollektives „Hello” durch die gut gefüllte Halle schallte, konnte Pansy sich ein überschwängliches Selbstlob über das eigene Aussehen nicht verkneifen – bei ihrem Auftritt mehr als verständlich.

Für Elise bei einem Auftritt außerhalb des Berghains (Foto: Peter Lorenz)

Das erste Konzert des Ick-Mach-Welle-Duos Für Elise machte gleich richtig Welle. Khan of Finland an den Decks und Elisa Neumann am Mic heizten mit breakigen und Dancehall-artigen Beats ordentlich ein. Kredibel gekleidet in khakifarbener Bomberjacke und mit Sonnenbrille auf der Stirn rappte die Afrodeutsche mit souliger Stimme ihre persönlichen Texte. So reflektiert die Sängerin in dem Lied „Paradiso” zum Beispiel ihre Sehnsucht nach Barbados, wo sie aufgewachsen ist. Den Höhepunkt markierte der kürzlich erschienene Track „Boombastic”, dessen Four-To-The-Floor-Kick sich das Publikum nicht entziehen konnte.

Drag Syndrome, natürlich ebenfalls nicht im Berghain (Foto: Samuel Dore)

Nach einer Stunde leitete Pansy zur glitzernden Performance der Gruppe Drag Syndrome aus London über. Mit ihren ausgefallenen und aufwendigen Kostümen zogen die fünf Dragqueens und -kings mit Downsyndrom das Publikum in ihren Bann. Die Künstler:innen trugen archaisch anmutende Patchwork-Gewänder, die größtenteils aus verschiedenfarbigen Perücken zusammengesetzt waren und wie lange und bunte Fell-Fetzen wirkten. Zu Pop-Klassikern wie beispielsweise „Lady Marmalade” zeigten die Performer:innen eine lebendige und unverkrampfte Tanz-Show. Zwischendurch wechselten Perfomer:innen ihre Kleider. Neben Glitzer- und Häkelkleid gab es, passend zur Örtlichkeit, ein schwarzes Lederkutten-Kleid zu sehen.

Hard Ton (Foto: Wawashi)

Nicht weniger extravagant betrat das italienische Electro-Duo Hard Ton die Bühne. Im silbernen Body und mit glitzerndem Schulterschmuck bot der Sänger eine gesanglich eindrucksvolle Performance dar. Die dynamische Mischung aus Italo Disco und Acid House, durchsetzt mit breakigen Einlagen, die für Abwechslung und Überraschungsmomente sorgten, schoben den fortgeschrittenen Abend in Richtung Clubbesuch. Das unterstrichen auch die zunehmenden freien und behaarten Oberkörper im Publikum. Unterstützt von der Lichtshow wurde die Performance zu einem immersiven Erlebnis.

Sarah Sommers (Foto: Gosta)

Vor dem letzten Gig des Abends überraschte Pansy mit einem kleidungslosen Auftritt. Nur mit einem Handventilator ausgestattet – ja, es war sehr warm –, kündigte die Dragqueen das Live-Set von Sarah Sommers an, die daraufhin im Prinzessinnen-Outfit an ihr pinkes Audio-Equipment trat. Technisch fein rang sie ihren Geräten harte und doch zugängliche Techno-Sounds ab, die am Ende den Abend als Clubbesuch auswiesen.

Wer nach dem Krake-Opening Interesse an dem Festival gefunden hat, besucht ab 21. Juni 2024 den Festival-Weekender im ://about blank. Mit dabei sind Ick Mach Welle und also DJs wie JP Toulouse, Bläck Dävil und DJ Locati, die mit Techno über der 145 BPM-Marke aufwarten. Darüber hinaus warten ein Disco-Showcase von Intergalactic FM und Konzerte verschiedenster Stilrichtungen.

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