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Felix Leibelt über Mark Spoon: „Das war kein gewöhnlicher Typ”

Mark Spoon ist eine der einflussreichsten und abgründigsten Figuren der deutschen Technoszene der Neunziger. Der fünfteilige Podcast Rest in Exzess – Das kurze Leben von Techno-Legende Mark Spoon gibt einen Einblick in seine Persönlichkeit und das Umfeld, das ihn getragen hat. Wir wollten von Autor Felix Leibelt wissen, wie er sich dieser ebenso sagenumwobenen wie fernen Zeit näherte.

GROOVE: Wie bist du in den Neunzigern und Zweitausendern über Mark Spoon gestolpert? Was hat dich an Musik und Person fasziniert?

Felix Leibelt: Wenn ich an Mark Spoon in den Neunzigern denke, erinnere ich mich neben seinen DJ-Sets auf der Loveparade oder Mayday direkt an Interviews mit ihm, die ich damals gesehen habe. Relativ schnell habe ich gemerkt: Das ist kein gewöhnlicher Typ. Da fällt mir zum Beispiel ein Interview bei VIVA ein, wo er gefragt wird, ob er auch den Song von jemandem auflegen würde, den er nicht mag. Und er sagt total ehrlich und null diplomatisch: „Niemals. Niemals. Warum sollte ich?” Dabei hat er mal wieder auf supercoolen DJ gemacht. Aber wenn man genau hingeschaut hat, konnte man merken, dass er eigentlich gerade etwas aufgeregt ist und sich hinter dem coolen Gehabe ein bisschen versteckt. Das haben mir jetzt auch Freunde von ihm bestätigt: Markus Löffel hat sich häufiger hinter der öffentlichen Person Mark Spoon versteckt. Eigentlich war er ein sensibler und manchmal auch unsicherer Mensch. An der Musik von Jam & Spoon hat mich immer fasziniert, dass Mark Spoon und Jam el Mar beides können: Coolen Sound für den Club produzieren, aber auch kommerzielle Charthits wie „Right In The Night”. 

Anne Karolczak aka DJ Pretty Pink Felix Leibelt (Foto: hr/ Fabian Brosi)
Felix Leibelt und Anne Karolczak alias Pretty Pink (Foto: hr/ Fabian Brosi)

Hast du Markus damals persönlich kennengelernt?

Ich habe Mark Spoon leider nie persönlich kennengelernt. Aber durch die vielen Gespräche mit seinen Freundinnen, Freunden und Wegbegleitern für den Podcast denke ich mittlerweile fast, ich hätte ihn persönlich gekannt. Hoffentlich geht es den Hörerinnen und Hörern unseres Podcasts auch so. Denn ich finde, man bekommt einen ziemlich guten Eindruck davon, was für ein besonderer Mensch Markus Löffel war. Eben mehr als nur der supercoole DJ Mark Spoon, der gerne polarisiert und sich in der Rolle als Rock’n’Roller des Techno wohlgefühlt hat. Außerdem war er wohl sehr witzig und pointiert.

Wie ist die Idee zum Podcast entstanden? Wer sind die Akteur:innen?

Der Podcast ist eine Gemeinschaftsproduktion vom Hessischen Rundfunk und ARD Kultur. Wir als Hessischer Rundfunk schauen natürlich, welche interessanten und relevanten Geschichten aus Hessen wir erzählen wollen. Und dabei ist uns aufgefallen, dass die spannende Lebensgeschichte von diesem sehr besonderen Frankfurter Bub noch nicht in allen Details bekannt ist. Ich habe bei der Recherche schnell gemerkt, dass es viel Interessantes und Abgefahrenes zu entdecken gibt. Von Interviewpartner:innen habe ich oft Sätze gehört wie: „Wahnsinn, was ich mit Mark Spoon alles erlebt habe, hätte man eigentlich immer mitfilmen müssen!” Viele von diesen oft sehr lustigen, fast immer chaotischen, manchmal auch tragischen Geschichten erzählen wir jetzt im Podcast. Vor allem, wenn es um seine letzten Lebensjahren geht, in denen er mit den Folgen seines exzessiven und kompromisslosen Lebenswandels zu kämpfen hatte.

Wer waren die Schlüsselfiguren in Marks Leben?

Ich freue mich, dass wir DJs wie Paul van Dyk und Talla 2XLC, aber auch Michi Beck von den Fantastischen Vier vors Mikro bekommen haben. Michi Beck und Markus Löffel waren gut befreundet. Er hat sich sogar durch ein Tattoo von Mark Spoon zum Fanta 4-Hit „Ernten was wir säen” inspirieren lassen. Oder Peter Fischer, lange Jahre der Präsident von Eintracht Frankfurt, der ihn in den letzten Tagen vor seinem Tod im gemeinsamen Thailand-Urlaub erlebt hat. Außerdem kommt natürlich sein Jam-&-Spoon-Bandkollege Rolf Ellmer alias Jam el Mar zu Wort. Er schwärmt davon, wie unfassbar kreativ Mark Spoon war, spricht aber auch über die Herausforderungen in der Zusammenarbeit. Ich habe mich außerdem mit seinem Vater Jörg Löffel unterhalten, mit Jam-&-Spoon-Manager Matthias Grein und mit Mark Spoons langjährigem Fahrer Fedi Choukair. Er hat viele Stunden mit Markus im Auto verbracht und ihn damit ungefilterter als viele andere wahrgenommen.

Anne Karolczak aka DJ Pretty Pink Felix Leibelt (Foto: hr/ Fabian Brosi)
Anne Karolczak alias Pretty Pink und Felix Leibelt (Foto: hr/ Fabian Brosi)

Heute gibt es kaum noch so exzentrische Figuren in der Technoszene wie Mark Spoon. Viele DJs wirken vergleichsweise professionell und glatt. Was ist einem jüngeren Podcast-Publikum am schwersten an seiner Persönlichkeit und dem Umfeld, das ihn getragen hat, zu vermitteln?

Man muss jede Geschichte immer im Rahmen der Zeit betrachten, in der sie passiert ist. In den Neunzigern wurde zum Beispiel unreflektierter gefeiert, und bekannte DJs haben teilweise offener Drogen konsumiert als heute. Da war Mark Spoon ganz vorne mit dabei. Dafür hätte er wahrscheinlich heute Probleme bekommen.

Wie habt ihr die Gratwanderung zwischen Einblick und Voyeurismus bewältigt?

Uns war wichtig, die Wahrheit zu erzählen, ein realistisches Bild von Mark Spoon zu zeichnen. Deshalb haben wir versucht, seiner facettenreichen Persönlichkeit gerecht zu werden und nicht nur Klischees zu bedienen. Auch auf manche Details seiner exzessiven Partys oder seines Liebeslebens haben wir bewusst verzichtet.

Mark Spoon (Foto: Archiv GROOVE)
Mark Spoon (Foto: Archiv GROOVE)

Zuletzt: In deinem Podcast DIESDAS geht es um breitere (pop-)kulturelle und politische Phänomene. Wo ordnest du Mark Spoon in der DIESDAS-Topographie ein? Was ist sein Vermächtnis?

Die Musik, die er mit Jam & Spoon gemacht hat, wird bleiben. „Right In The Night” ist auch heute noch einer der beliebtesten Hits der Neunziger, und Songs wie „Stella” und „Follow Me” sind Klassiker der elektronischen Musik. Einige DJ-Sets von Mark Spoon gibt’s bei Youtube, und die Kommentare zeigen, dass sie immer noch gehört werden. Er als Person wäre heute wahrscheinlich ein Social-Media-Star. Dort hätte er mehr von seiner witzigen und besonderen Art zeigen können, von der die breite Masse oftmals leider nicht viel mitbekommen hat. Dort hätte er zeigen können, was für eine vielschichtige Person er war.

Mark Spoon für mich ein Beispiel dafür, dass es damals für Menschen schwieriger war, alle Facetten ihrer Persönlichkeit zu zeigen. Allerdings wird heute auch genauer beobachtet, was du sagst. Das heißt: Manchmal wäre er sicher gecancelt worden, weil er wieder übertrieben hat. Das hätte ihm wahrscheinlich aber auch gefallen.

Sämtliche Folgen des Podcasts findet ihr hier.

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