Dino Sabatini – Opera Quattro (Outis Music)
Der italienische Produzent Dino Sabatini, der seit Jahren in Berlin lebt, gehört zu den Vertretern eines ritualistisch anmutenden, tiefenbetonten Techno. Suggestive Sounds und tribalistische Trommelarbeit bestimmen die vier langsamen Tracks auf Opera Quattro, erschienen auf seinem eigenen Label Outis Music.
„Inenarrabilis”, das dem Titel nach von Unbeschreiblichem handelt, bündelt etwa hallende Dub-Effekte zu einem Sog. Hypnotisch kreiselnd auch die stille Vollmondanbetung „Plena Lunae”. Trance, doch ohne die inzwischen zu Klischees erstarrten Zutaten, wie sie unter Trance-Revivalist:innen derzeit beliebt sind. Einen Touch des Esoterischen haben Sabatinis trippige Exerzitien aber schon. Tim Caspar Boehme
Peverelist – Pulse Modulation EP (Livity Sound)
Nachdem sich Peverelist im Frühjahr mit seiner EP Pulse nach fünf Jahren Pause solo zurückgemeldet hatte, macht er nun direkt da weiter, wo er im April aufgehört hatte: Die vier Titel von Pulse Modulation heißen konsequenterweise „Pulse V” bis „Pulse VIII”.
Feingliedriger, hypnotisch synkopierter Techno macht den Anfang, erst mit metallischen Synthesizer-Patterns, dann mit schön hysterischem Echolot-Fiepen. In der zweiten Hälfte übernehmen die Breaks, in „Pulse VII” mit zerhacktem Beat und einem fast schon fies aufgekratzt tänzelnden Subbass. Zum Abschluss kommen die Patterns vom Anfang als Zitat zurück, diesmal hektischer, passend zur Drum’n’Bass-Basis des Tracks. Sehr lebendige Angelegenheit. Tim Caspar Boehme
Schwefelgelb – Ich Bin Wach (n-PLEX)
Seit nunmehr 17 Jahren veröffentlichen Schwefelgelb Musik und entwickeln ihren Sound dabei stets weiter. Nun kommt die bereits vierte EP des Duos auf dem eigenen Label n-PLEX.
Ich Bin Wach knüpft dabei soundtechnisch am ehesten an den direkten Vorgänger Whirlpool-Gedanken an und präsentiert sich auf vier Tracks und einem Remix von Tunegirl als durchgehend clubtaugliches Four-to-the-Floor-Manifest. Auch wenn sich der Sound mittlerweile stark von dem der NDW- und EBM-beeinflussten Anfangstage unterscheidet, ist die künstlerische Handschrift immer noch durchweg lesbar und hebt sich vom wöchentlichen Release-Einheitsbrei ab. Zu der maschinellen Rhythmusgruppe gesellen sich mäandernde Klangteppiche, die in Kombination einen kalten Groove diktieren und, wie gewohnt, mit kryptischen Vocals garniert werden. Dabei ist der Einsatz der Sprache perfekt dosiert, und die Worte bestechen durch entschiedene Pathetik, die niemals zu dick aufgetragen wirkt. In Symbiose mit den mächtigen Instrumentals ergibt sich so ein eindringliches Erlebnis, das fokussiert auf dem Dancefloor genossen werden will. Till Kanis
Talismann – KLINIEK 1 (Talismann)
Talismann ist mit Sicherheit das düsterste Alias des niederländischen DJs und Produzenten Guy Blanken, der sich nach der abgeschlossenen EP-Serie Percussion nun einem neuen musikalischen Zyklus widmet. Dabei ist KLINIEK, anders als der Vorgänger, keine Trilogie, sondern gliedert sich in ganze neun Teile, die ebenfalls über das nach dem Alias benannte Label erscheinen.
Der Auftakt macht deutlich, dass man kein musikalisches Novum erwarten sollte, sondern sich lieber auf Altbekanntes einstellen. Denn Talismann ist ein Meister auf seinem Gebiet und liefert schnellen, sinistren Techno, der auf dem Spektrum zwischen hypnotisch bis angriffslustig oftmals seinesgleichen sucht. Auf vier Tracks finden sich okkulte Vocals („Free Salamanca”), zerklüftete Arpeggios („Second Opinion”), introvertierte Perkussion („Anna Purple Mix”) sowie ein schaurig-schönes Interludium auf „Point Of No Return”.
Nach diesem starken Beginn bleibt daher spannend, wie das Narrativ auf den kommenden EPs weitergesponnen wird und wohin sich die omnipräsente Düsternis ihren Weg bahnt. Till Kanis
WTCHCRFT – Sleepless in Brooklyn (Clasico)
Sleepless In Brooklyn ist die zweite EP auf dem neuen Local-Action-Sublabel Clasico. Nach Coffintexts ist es nun der New Yorker WTCHCRFT, der seine sehr spezielle Interpretation von Techno produziert. Eine Interpretation, die klassischem Acid-House genauso viel schuldet wie topmoderner Bass-Musik.Die vier in schlaflosen Nächten während er Pandemie produzierten Tracks (daher der EP-Titel) schieben sich alle an minimalistischen Rhythmusmustern und 303-Sequenzen entlang, was ihnen eine unerbittliche Atmosphäre verleiht. Gefangene werden hier nicht gemacht. Akzentuiert wird das alles von hypnotisch ineinander verschobenen Vocal-Loops, die an WTCHCRFTs Wurzeln im Hip-Hop gemahnen. Und fertig. Denn mehr braucht es gar nicht für eine perfekte EP. Tim Lorenz