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Die Platten der Woche mit 3Phaz, FJAAK, K’ Alexi Shelby, KiNK und Toumba

3Phaz – DrumTraTrax (TraTraTrax)

„Slomo Strut” ist alles andere als ein Track in Zeitlupentempo und auch sonst nicht behäbig. Der Kairoer Produzent 3Phaz pitcht hier bei 120 BPM schrille Keyboards über ein perkussives, schleifendes Beat-Gerüst. Damit knüpft 3Phaz an den Klangentwurf des Albums Three Phase an, mit dem er vor drei Jahren von sich hören ließ. Und auch auf seiner neuen EP DrumTraTrax choppt er die Popmusik Ägyptens, insbesondere die Hip-Hop-Variante Mahraganat, mit britischen Club-Sounds wie Breakbeat und Grime auf.

„Red Strobe” mit seiner breiten Bassdrum unter perkussiven Offbeats, stoischen Ein-Noten-Synthies und verzerrten Blas- und Flöteninstrumenten entwickelt ebenso Zug zur Tanzfläche, wie es zum Hineinfallen und Zuhören einlädt. Der „Drum Track” schließlich hämmert prägnant. Selbst in den Breaks, die mit Kettenrasseln zusätzliche Schärfe erfahren. In seinem Remix taucht Omaar all das in parallel verlaufende Linien aus Delay und lässt so den Track verschwimmen. Unter den weiteren Remixen sticht außerdem die „Slomo Strut”-Version von amazondotcom heraus: er quantifiziert die nur halb quantifizierte Musik und lässt das Stück damit klingen wie eine zeitgenössische Variante von Dubstep, rhythmisch verschoben, sanft dystopisch. Fundgrube. Christoph Braun

FJAAK – FJAAK009 (FJAAK)

Ihr eigenes Imprint dient als Anlaufstelle für die Track-ID-Crowd und folgt einem„Kennen wir alles, können wir alles”-Prinzip: Über mittlerweile neun Maxis hinwegen haben FJAAK Eigenproduktionen aus ihren Sets ausgekoppelt und dabei verschiedene Genres und Stile durchdekliniert, zuletzt etwa Acid Techno. Die zwei Stücke auf FJAAK009 widmen sich Hardcore-infiziertem Power House und einer hyperruckligen Interpretation von Dub Techno.

„Give It to Me” klingt dank großzügigem Stab-Einsatz weniger beseelt als eine Head-High-Nummer, macht das aber mit ziemlich viel Jack im Getriebe wett. Peak-Time-Material, das vom Snap!-Edit auf Reine-Lehre-House-Vibes überzuleiten vermag, gleichermaßen unverhohlen wie nuanciert. „Why Are You Here” lässt wattige Chords übereinanderstolpern, um die titelgebende Verwirrung adäquat in Rhythmus und Sound zu übertragen. Und doch hält das Duo im Chord-Gewitter den Groove stets im Fokus. Großartig desorientierend. Kristoffer Cornils

K’ Alexi Shelby – BM11 (Bad Manners)

Mit dem Chicagoer Produzenten K’ Alexi Shelby kommt ein verdienter Houseveteran der Stadt auf Marcel Dettmanns Label Bad Manners. Vier Titel, deren Länge anderen schon für ein kleines Album reichen würde.

Mit „Far Beyond” steigt Shelby reduziert, dabei schön Rimshot-fixiert und, wie der Titel verspricht, einigermaßen weit draußen ein. Mit „Season Of The Real” kommen rhythmische Stimmensamples und, das darf einer seiner Generation, klassische House-Piano-Riffs ins Spiel. Überhaupt eine über ihre neun Minuten Dauer schön verspielte, in unterschiedliche Stimmungen mutierende Nummer, die aber stets zu ihrem Kern zurückfindet. Mit „The US We Remember” wechselt Shelby zu einer wehmütig-appellativen Spiritualität, ein (von ihm selbst?) sanft vorgetragener Weckruf. Das abschließende „We BANG” ist mit dem Titel einigermaßen bündig zusammengefasst. Treiben und Bangen. You ready? Tim Caspar Boehme

KiNK – For The People (Hypercolour)

Eine erste EP von KiNK für das UK-Label Hypercolour, das ja irgendwie noch für die moderne Post-Dubstep-Welle stand. Zumindest in puncto Farbenfrohheit und Rave-Attitüde für den Sommer trifft diese Platte aber richtig ins Schwarze.

Mit bunten Synths und fetzigem Vocal geht der Breakbeat-Stepper „For The People” direkt auf die Mainstage. „Ta” stampft geradliniger, kontrastiert aber dank zarter Vocals und hüpfender MDMA-Melodie – erinnert dabei an Four Tet, und wird bestimmt viel auf Festivals gespielt werden. Vetrippter und orientiert an Zweitausender-Minimal-Sounds, hier aber stämmig, mit viel Filter-Action und einem Hauch von Dub: „Kazan” auf der Flip. Den brachialen Haudrauf macht derweil das bereits auf KiNKs Social-Kanälen beworbene „Vacation”: eine Abfahrt mit Trax-Style-Sample und Rave-Stabs ohne Pardon – Partyspaß und Schweißausbrüche garantiert. Leopold Hutter

Toumba – Janoob EP (Nervous Horizon)

Die im Netz kursierenden Infos zu Toumbas Debüt auf Nervous Horizon können eine falsche Fährte legen, denn sie fokussieren stark auf sein Heimatland Jordanien und die Einflüsse der dortigen traditionellen Musik auf seine Produktion. Besser wäre es, diese Kontextualisierung außen vor zu lassen oder ans Ende der Texte zu stellen und stattdessen darauf abzuheben, wie hier ein Künstler mit seiner erst dritten EP ein mitreißendes Bass-Music-Release mit unzähligen Verästelungen in Richtung Techno und der unendlichen britischen Breakbeat-Welt abgeliefert hat.

Die Janoob EP zieht ihre Kraft vor allem aus Reduktion und Abstraktion in den Beats und Arrangements, und das in Verbindung mit wohlüberlegt eingesetzten Samples und Synthie-Bässen. Bei aller Wucht und Eindringlichkeit wohnt den Tracks aber auch eine ungewöhnliche Sanftheit inne, erstaunlicherweise vor allem in den Drumsounds. Hier setzt jemand nicht auf krasse Knalleffekte, die Tracks krachen nicht – und beben trotzdem vor Energie. Mathias Schaffhäuser

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