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Mixe des Monats: April 2023

Vixen – Podcast 074 (Deestricted)

Irgendwo zwischen Warm-up und Rausschmeißer, Club und Küche, Bulgarien und Dänemark: Das ist der Mix von Vixen für Deestricted. Seit 2019 ist die studierte Biochemikerin Teil von Fast Forward Productions – ein 2015 gegründetes dänisches DIY-Kollektiv, das viel Wert auf soziales Engagement und Safe Spaces legt. Es ist längst bekannt, dass in Kopenhagens Underground-Techno-Szene einige Schätze schlummern. Die Produktionen und DJ-Sets von Vixen gehören zweifelsohne dazu. Hard Magic For Soft Souls ist nicht nur der Titel ihrer ersten Solo-EP, sondern auch eine gute Umschreibung ihres Sounds. Diese und weitere Veröffentlichungen erschienen auf Lobster Theremin aus London oder dem Berliner Label Space Trax.

Mit dem auf Deestricted veröffentlichten Podcast gelingt Vixen ein erfrischender Querschnitt durch das aktuelle Techno-Geschehen. Stabile 150 BPM gehen einher mit Tracks von Psicotek (erscheinen auf Space Trax) oder Esteban Desigual (auf Extra Energy), aber auch dem allseits bekannten Psytrance-Act Indira Paganotto. Mit „Kiss Me Thru The Phone”  von Soulja Boy oder „Sandstorm” von Darude weiß Vixen einige Klassiker geschickt in ihren Mix einzubauen.

Die Balance aus stumpfen Four-to-the-Floor-Beats mit gut gechoppten Vocals und Trance-inspirierten Melodien machen den Mix zu einem Vergnügen für alle, die Techno wollen, aber dabei genauso gut im Bett träumen oder in der Küche den Abwasch machen wollen. Johannes Hartmann

Vibracaust w/ OJOO GYAL (Movement Radio)

Frischer Wind aus Casablanca! In Tropfsteinhöhlen und plätschernden Gewässern entfaltet OJOO GYAL ihren experimentell-chaotischen und Genre-übergreifenden Clubsound mit einem einzigartigen Augenmerk auf Groove und atmosphärischen Klängen gleichermaßen.

Geboren und aufgewachsen in Marokko, lebt OJOO GYAL heute in Brüssel. In ihrem „Vibracaust”-Mix für Movement Radio vermischt die Musikerin aus Casablanca experimentelle Field Recordings mit zeitgenössischer Clubmusik. Mit brummend-rituellen Stimmeinlagen und hölzern-knarrenden Soundelementen erinnert der Mix zuerst an Ocen James and Rian Treanors jüngste Platte Saccades – bis ab Minute 19 die Hats abzischen und Raum für futuristische Glitch-Einlagen und Signaltöne schaffen. Besonders originär wird es schließlich mit dem Zusammenfließen dieser Welten in einer einzigartigen Fusion aus ritueller Perkussion und raumschiffartigem Weltallpiepen. So ungefähr müsste es klingen, wenn Marsianer ums Feuer tanzen.

Movement Radio ist ein internationaler Online-Radiosender mit Sitz in Athen und macht es sich zur Aufgabe, politische und theoretische Diskurse und Reflexionen von Menschen aus dem mediterranen Raum und darüber hinaus zu erforschen. Dies geschieht im Rahmen einer Reihe von Auftragsarbeiten, thematischen Mixtapes, Interviews und DJ-Sets von hauseigenen Residents – darunter auch OJOO GYAL.

Vibracaust ist von Anfang bis Ende stilsicher unterwegs, bleibt dabei aber stets wunderbar chaotisch und immer für eine ordentliche Prise Überraschung gut. Ein Mix, der von Ambition nur so strotzt. Sarah Neumann

Den Mix auf Movement Radio gibt es hier zu hören.

Zeynep – XKM005 (X-Kalay)

Während das seit 2016 existierende Londoner Label X-Kalay in den letzten Jahren House mit Prog- und Trance-Einschlag, der heute auf australischen Bush Doofs wie auf mehrtägigen Partys in einschlägigen Berliner Clubs läuft, mit vorbereitet hat, steckt die hauseigene Mix-Serie noch in den Kinderschuhen. Für deren fünfte Ausgabe zeichnet mit Zeynep eine Wahlberliner DJ verantwortlich, die den X-Kalay-Klang in ihren Sets präzise abbildet.

Die „wärmeren Tage und sonnigen Raves”, von denen sie im Winter, als sie den Mix aufnahm, laut Promotext träumte, lassen zwar gehörig auf sich warten. Das macht diese fast 90 Minuten an hochenergetischen Tracks aber nicht weniger hörenswert. Unter ihnen befindet sich Arcadiums „Fade Instinct” von 1999, der mit seinem aufgezeckten Trance-Groove hervorragend ins Set passt und eine Binsenweisheit der elektronischen Musik bekräftigt: War alles schon mal da. Auch der Beuteldachs aus der legendären Videospielreihe Crash Bandicoot, der das Set eröffnet, turnte schon in den Neunzigern durch quietschbunte Umgebungen, erkundete unerschrocken und garantierte auf seinen verschlungenen Wegen eine Menge Spaß. Zeynep tut es ihm hier gleich. Maximilian Fritz

Charlie Tennger – Lucid Unity Mix 001 (Lucid Unity)

Während wir uns langsam dem Sommer nähern, ist die südliche Hemisphäre schon weiter. Im herbstlichen Melbourne träumt Charlie Tennger von wärmeren Tagen. Wir hingegen dürfen uns mit dem „Lucid Unity Mix 001” auf kommende Sommernachtsträume einstimmen.

Für den Start der neuen Mix-Reihe legt der DJ selbst vor. Besagter Charlie Tennger steht der Lucid Unity vor und hat als Produzent kleinere Beiträge für das UK-Label Flat White geleistet. Rhythmisch-perkussiv entfaltet der nicht ganz einstündige Deep-House-Mix eine Sogwirkung. Zum Einstieg erklingt sehnsüchtig Alex Cortex’ „Discola”, das auch direkt das nostalgische Gefühl evoziert, der Sommerwärme in sich langsam abkühlenden September-Abenden nachzuhängen. Die Aufforderung zum gemeinsamen Träumen ist charmant gesetzt. Die Trackwahl ergänzt sich zu einem stimmigen Ganzen, dem durch das subtile Steigern der Intensität nie Belanglosigkeit droht. Vom Organischen metamorphosiert sich der Mix zu elektronischen Klängen. Energetisch findet Lucid Unity Mix 001 seinen Peak mit Vitess’ „Freezer” und behält in Teilen die Ladung, wenn mit „Check Your Head” von Macit schon der drumlastige Ausstieg geplant ist.

Charlie Tannger taggt seine Lokalität als Naarm und öffnet damit den Kosmos zu den Aborigines. Naarm (oder Nairm) ist der ursprüngliche Name für die heutige Region Melbourne am südlichen Zipfel Australiens. Dies muss als bewusster Fingerzeig verstanden werden, sind doch Verweise auf die ersten Völker des Kontinents immer noch selten in der australischen Gesellschaft. Die Traumzeit wird aufgerufen, die raum- und zeitlose Quelle der menschlichen Existenz im Mythos der Aborigines. Was könnte sich als Ausdruck dieser Traumzeit besser eignen als elektronische Tanzmusik? Bestehend aus mittlerweile vielfach reproduzierten Deep-House-Klängen und Percussion-Rhythmen kommt sie dieser Welt ein wenig näher. Fabian Starting

blue turtle – planet uterus

Ich brauch’ Ambient und Beats, manchmal Brimborium und häufig Pathos, weil nur aus dem Kitsch die Wahrheit spricht. Niemand bekommt diese musikalische Bedürfnispyramide besser hin als DJ Healer alias Traumprinz alias Metatron. Jedes Mal, wenn auf der Soundcloud-Page seines Labels planet uterus ein Mix erscheint, bin ich zur Stelle. Ich wurde noch nie enttäuscht.

Für blue turtle löst er über eine Stunde den Tauchschein fürs beheizte Planschbecken. Freilich, freilich: Die Abtauchen-Nummer war spätestens mit Drexciya durchgeblubbert, then again: Niemand bekommt das besser hin als planet uterus! Pads glitzern wie die Sonne auf dem Mittelmeer. Kicks schieben mehr Druck als eine Pressluftflasche. Trance bleibt einfach Trance. Vielleicht wage ich mich damit sogar in offene Gewässer! Christoph Benkeser

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