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August 2022: Album des Monats

STL – Illumination (Goldmin Music)

Stephan Laubner alias STL ist ein Stoiker und zieht seit Jahren unerschütterlich sein Ding durch – mit konstanten Bezugspunkten und ungeachtet wechselnder Moden und Stildiktate. Das allein wäre natürlich kein Grund, Illumination zum Album des Monats zu krönen, teilt er diese künstlerische Haltung doch mit etlichen Kolleg:innen.

Aber im Gegensatz zum recht hohen Prozentsatz der in bestimmten Zeitschlaufen Festhängenden schafft es STL immer wieder, den Eindruck zu erwecken, gerade den neuen heißen Scheiß erfunden zu haben. Woran das liegt, so viel sei verraten, kann diese Rezension nicht ergründen. Auch die von der Plattenfirma mitgelieferte Produktinfo bleibt vage, Zitat: „Es gibt vielleicht mehr als ein Geheimnis in der Musik des deutschen Künstlers, mehr als ein Geheimnis, das darauf wartet, gelüftet zu werden.”


Referenzen und Kritiker-Fantasien werden Laubners Musik nicht gerecht, denn diese überzeugt vor allem durch ihre nicht ableitbaren Qualitäten, allen voran der ständig stattfindenden Entwicklung in den Tracks, egal, wie stark der Dub- oder Minimal/Micro-House-Anteil jeweils ist.


Also widmen wir uns besser den vorliegenden Fakten: Auf Vinyl umfasst Illumination drei Schallplatten mit neun Stücken. Nur neun? Genau, die müssen teilweise echt lang sein, wenn hier einer nicht nur Eindruck schinden will und Fünf-Minuten-Tracks auf eine Plattenseite pressen lässt. Aber so tickt Laubner nicht, tatsächlich sind einige Songs recht episch ausgefallen und überschreiten teilweise deutlich die Zehnminutengrenze. Klar, kennt man aus seligen Minimalzeiten, und auch heute geht bei einigen Künstler:innen nach wie vor kaum etwas unter zweistelligen Minutenzahlen – wobei hin und wieder das Gefühl beschleicht, dass es dabei entweder nur um ein zu erfüllendes Prinzip geht oder aber bewusstseinsbeeinträchtigende Substanzen massiv im Spiel waren.

Man ahnt es: STLs Stücke heben sich davon dezidiert ab, ihre Länge wird durch stete Entwicklung – sei es durch lebendigen Filtereinsatz oder immer wieder neu hinzukommende Elemente und eine Fülle an Details mehr als legitimiert. Ewige Loop-Wiederholungen, die nur den fetten Bass oder den rollenden Beat feiern und dabei den Rezipienten ob ihrer Selbstverliebtheit aus dem Auge verlieren, finden bei Laubner nicht statt. Der Titeltrack lässt Erinnerungen an Luomo, Maurizio und Rhythm & Sound aufkommen, einige Stücke wie das wundervolle „Ocean”, könnten durchaus bei einer gemeinsamen Session der genannten Projekte entstanden sein.


Gedimmte Illumination, kein künstlicher Glanz mehr, keine Beschönigung.


Aber eigentlich werden solche Referenzen und Kritiker-Fantasien Laubners Musik nicht gerecht, denn diese überzeugt vor allem durch ihre nicht ableitbaren Qualitäten, allen voran der ständig stattfindenden Entwicklung in den Tracks, egal, wie stark der Dub- oder Minimal/Micro-House-Anteil jeweils ist. Einen Ausflug in eine ganz andere Stimmung erlaubt sich STL mit „TripTrap”. In diesem 14-Minüter (!) übernimmt ein Marimba-artiger Klang den Hi-Hat-Part und Glöckchensynthiesounds bilden eine Melodieminiatur, die auch wunderbar als Intro zu einem Erasure-Song funktionieren würde. Hut ab, damit war nicht zu rechnen! Allerdings wäre hier ausnahmsweise weniger mehr gewesen, die viertelstündige Wiederholung der erwähnten Motive ohne wesentliche Variationen verliert nach einer Weile doch etwas an Spannung.

Das folgende „Ghostdrive” kehrt mit dubbig-dubioser Film-Noir-Stimmung zur dominierenden Album-Atmosphäre zurück, und der letzte Track der Dreifach-Vinylversion fügt dem Dub dann auch noch einen genial-subtilen Funk hinzu, was „Kingston Sunbake Chill” zu einem Höhepunkt auf Illumination macht. Aber es wäre im vorhergehenden Satz nicht von der Vinylversion die Rede, wenn nicht noch etwas folgen würde – nämlich zwei Digital-Bonus-Tracks.

Beide verlassen wieder die Dub- und Deep-House-Zone: „Sunburst Jacket” schert sich wenig um eine ausgeprägte Beatdefinition und lässt Bleeps und den Subbass die Rhythmusarbeit auf hohem Tempo verrichten – sehr cool. Zum folgenden Abspann werden alle Regler auf links gedreht, der Groove auf Trip-Hop-Tempo und die Harmonien auf Melancholie. Gedimmte Illumination, kein künstlicher Glanz mehr, keine Beschönigung. „No Sun Today” – passender könnte der Track-Titel kaum sein.

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