burger
burger
burger

Marlene Stark (Sameheads) – Groove Resident Podcast 12

- Advertisement -
- Advertisement -

Foto: Rachel Israela (Marlene Stark)

„Auf die Residents kann man sich verlassen, persönlich und inhaltlich. Sie kennen den Club, die Gäste, die Anlage, und sie sind ein Grundpfeiler der musikalischen Identität eines Clubs, also ebenso wichtig wie die Architektur, der Raumklang oder die Gestaltung“, sagte einst Nick Höppner in der Groove. Mit unserem zweimonatlichen Resident Podcast wollen wir ihnen den gebührenden Respekt zukommen lassen.

Das Sameheads ist ein Hybrid: halb Bar, halb Club mit angeschlossenem Label und einem Programm, das viel Platz für ungewöhnliche Musik bietet. Marlene Stark ist dort seit geraumer Zeit Resident, auch wenn sie diesen Titel auf eher implizite Art und Weise verliehen bekommen hat. Der Sound der Künstlerin, Autorin, DJ und Produzentin, die gerade mit Hyäne ihr Debütalbum auf Lustpoderosa veröffentlicht hat, ist von Acid, New Wave, Industrial, Electro und EBM durchzogen und daher wie gemacht für den schwitzigen Keller der Neuköllner Institution. Auch ihr Mix für den Groove Resident Podcast ballert – weil sie das vermisst.


Kannst du dich noch an deinen ersten Besuch im Sameheads erinnern?
(lacht) Natürlich nicht, sonst wäre es nicht das Sameheads!

Und dein erstes DJ-Set dort? Wie kam das zustande – und wie lief es?
An mein erstes Set im Sameheads kann ich mich sehr gut erinnern. Das war eine Club Cosmic Veranstaltung. Ich war so aufgeregt, ich musste mich fast übergeben. Es lief aber ganz gut. Es war auch dank Alexander Arpeggio, der mich eingeladen hat, mein Durchbruch. Nach dem Abend habe ich fast jedes Wochenende gespielt.

Wann hast du im Sameheads als Resident angeheuert und wie kam es dazu?
Ein Journalist hat in einem Artikel fälschlicherweise geschrieben, dass ich Sameheads Resident bin. Ich habe dann Nathan Dukes, einer der Besitzer, angerufen und meinte, dass die Info im Netz kursiert und dazu meinte er, dass das genau der Plan gewesen wäre.

Was hast du im Laufe deiner Residency im Sameheads gelernt?
Viel! Es ist ein Ort, an dem man sich als Musiker*in und Gast ausprobieren und finden kann.

Mit Ausnahme einer Exil-Veranstaltung im Funkhaus am sogenannten Tag der Clubkultur war dem Sameheads seit März kein Clubbetrieb möglich. Stattdessen öffnete es vor allem als Bar, Galerie und Studio für das Heads Radio-Programm. Wie hast du als zur Untätigkeit verdammte Resident die vergangenen Monate erlebt?
Ich habe alles zu schätzen gelernt. Ich liebe das Auflegen, das Sameheads und auf Tour zu sein und vermisse es unendlich, es ist mein Ausgleich zum Studioleben.

Gemeinsam mit Anna Gien hast du den Roman M. geschrieben, der sich grob gesagt mit sexistischen Strukturen in der Kunstszene auseinandersetzt. Die Protagonistin legt ebenfalls auf – vor allem in einem Club, der mit dem Sameheads identisch scheint. Was macht die Clubszene als literarisches Setting so interessant?
Als Leser*in nichts. Ich finde Schreiben über Clubs und Szene meist schrecklich ungelungen. Man spürt, dass die Autor*innen oft wenig mit dem Nachtleben zu tun haben und nur Betrachter*in/Besucher*in statt Teil der Szene sind. Ich denke, das ist auch, was unser Buch so interessant macht – es ist echt.

Mit Hyäne hast du gerade dein Debütalbum veröffentlicht, an dem du rund drei Jahre gearbeitet hast. Wie gestaltete sich der Schreib- und Produktionsprozess?
Ich habe drei Jahre sehr intensiv täglich daran gearbeitet. Das ganze Album ist mit Hardware und viel analogem Sound produziert, das ist sehr viel Arbeit. Trotzdem sind die finalen Tracks alle innerhalb der letzten vier Monate entstanden – mit Ausnahme von “Was ist Feucht”, das ist einer der ersten Tracks, die ich je produziert habe. Beim Produzieren ist mir aufgefallen, dass Trackideen schnell entstehen, die harte Arbeit und das Talent ist es, die Tracks fertig und rund zu machen und dem Track eine Dramaturgie zu geben, die diese Ideen über die ganze Länge hinweg aufrecht erhalten.

Du arbeitest viel mit Vocals, mit Stephanie Mader ist auch eine Gastsängerin dabei. Auf Stücken wie “Meine Hand” scheint der Text sehr im Vordergrund zu stehen. Worauf legst du im Miteinander von Musik und Lyrics wert?

In meiner Jugend war ich Teil einer Punkband namens Urinplätzchen, da habe ich die Lyrics geschrieben und gesungen. Ich schreibe gerne, das hat sich durch die Arbeit mit Anna Gien auch verstärkt. Ich genieße jedoch die sprachliche Freiheit, die mir die Musik gibt. Sprache ist dem patriarchalen System untergeordnet und somit nicht frei, in Lyrics kann ich jedoch versuchen, das aufzubrechen, das interessiert mich. Stephanie Mader ist eine Jugendfreundin. Es war sehr schön meine Jugend mit in der Platte zu verarbeiten, aber mich interessiert auch der Clash zwischen Hoch- und Popkultur. Sie hat eine klassische Gesangsausbildung als Opernsängerin erhalten und Gesang in Mannheim studiert. Durch mein Kunststudium hatte ich Einblick in die noch immer am meisten subventionierten Kulturstätten, die sich zu viel mit Hochkultur – oder was davon übrig geblieben ist – beschäftigen. In Deutschland gibt es immer noch zu viel Kulturfaschismus von alten weißen Männern. Ich bin kein großer Fan vom weißen Kulturerbe, vor allem was Musik anbelangt, aber ich liebe es das mit Popkultur zu verbinden und aufzubrechen, damit zu spielen und Thematiken dahingehend auszureizen.

Auch der Albumtitel kommt nicht von ungefähr, du setzt dich auf der LP mit der kulturhistorischen Belegung des Tieres auseinander. Warum ausgerechnet die Hyäne?

Die Tüpfelhyäne lebt im Matriarchat und hat eine verlängerte Klitoris, die einem Penis ähnelt. Auch in der griechischen Mythologie spricht man der Hyäne eine Art Intersexualität zu. Sie ist beides. Ich habe mich als Kind sehr lange männlich gefühlt. Durch meine Arbeit als Künstlerin, Musikerin und Autorin, durch viele persönliche Erfahrungen und durch die wachsende Community habe ich verstanden, dass ich non-binary bin. Das Album ist für mich eine Art Weckruf und Protestschrei, der mich immer daran erinnern soll, dass ich mich nicht in eine Schublade stecken lasse, weder als Mensch noch als Künstlerin.

Was war die Idee hinter deinem Beitrag für unseren Resident-Podcast?
Ballern, weil ich es vermisse.

Last but not least: Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Ich arbeite gerade an meinem zweiten Album und bin mit der bisherigen Arbeit daran sehr glücklich. Das Album handelt von Identität und Zukunft. Parallel zum Album arbeite ich an einem Skript für einen Sci-Fi Kurzfilm, der stark mit der Musik des Albums verknüpft sein wird. Es wird eine Mischung aus experimentellem Sound, Sci-Fi und doch auch geballtem Electro.

Stream: Marlene Stark – Groove Resident Podcast 12

01. Identified Patient – Visualize It
02. Adam Marshall – Bass Tracking
03. Kluentah – Mightydruggs
04. Reptant – Liquid Acrobatics
05. Clouds – Those Cracks in Your Face, Do They Hurt?
06. The Sixteen Steps – Signals From The South
07. Blawan – Lavender
08. Former – Tunnel Wizard
09. Terrestrial Access Network – Classy
10. Artist Unknown – Worm in the Network
11. No Moon – Where Am I
12. Jensen Interceptor (feat. The Hacker) – Time Echo
13. Surface – Alone
14. Terrestrial Access Network – Sentient Substance
15. Datawave – Interflow

In diesem Text

Weiterlesen

Features

Marrøn: „Ich bin als DJ auf der Tanzfläche geboren”

Für Marrøn ging es vom Parkett auf die Tanzfläche – uns hat er unter anderem erzählt, warum er seine Profisportlerkarriere gegen die DJ-Booth eintauschte.

A100 in Berlin: Nie wieder Autobahn

Berliner Clubs und Initiativen haben wieder gegen den Ausbau der A100 demonstriert – wir haben uns vor Ort umgehört.

Waking Life 2024: Der Schlüssel zum erholsamen Durchdrehen

Das Waking Life ist eine Anomalie in der Festival-Landschaft, was programmatischen Anspruch und Kommerzialität anbetrifft. Wir waren dabei.