Der Eingang zum OXI-Gelände (Foto: OXI)

Schon bevor ich das Gelände am Wiesenweg im Bezirk Friedrichshain betrete, nehme ich die ersten Bassfrequenzen im Brustbereich wahr. Die Musik kommt vom Hinterhof des Grundstücks, ein Areal, auf dem schon seit einigen Jahren Clubbetrieb stattfindet. Zuerst war hier der Kosmonaut beheimatet, 2018 wurde der Ort von neuen Betreibern in Polygon Club umbenannt. Seit März dieses Jahres hat der Laden wieder neue Besitzer. Das OXI hat es sich zur Aufgabe gemacht, an dieser Adresse endlich einen Club zu etablieren, der mehr ist als nur eine Randnotiz in der großen Berliner Clublandschaft. Ein ambitioniertes, diverses Booking, gespickt mit renommierten DJs soll, so scheint es, von Beginn an Teil der neuen Identität sein. Das klingt vielleicht nach einer Selbstverständlichkeit, doch ist es etwas, woran seine Vorgänger zu oft gescheitert sind. Künstler*innen wie Gerd Janson, upsammy, Palms Trax oder Steffi sind eine klare Ansage.

Der Zeitpunkt für die Eröffnung eines neuen Clubs, ohne Stammpublikum und ohne einen Ruf, der über die Grenzen der Stadt hinausgeht, ist ein denkbar schlechter. Quasi mitten in die Pandemie hinein nahm das OXI den Betrieb auf. Mit den Lockerungen für die Gastronomie wurde vorerst der interimistische OXI Garten eröffnet. Unter der Woche spielen DJs ruhige Musik auf Zimmerlautstärke, von Techno (noch) keine Spur. Stattdessen werden Getränke und Speisen aus der hauseigenen Küche serviert. Das kulinarische Angebot kann sich sehen lassen, preislich befindet sich das Ganze im Vergleich zu anderen provisorischen Club-Biergärten im höheren Segment. Das OXI will sich hier wohl bewusst vom Rest abheben. Der Anspruch aus dem Booking soll auch in puncto Verpflegung umgesetzt werden. Fresskapaden Fehlanzeige.

OXI (Foto: OXI)

Der Eingang zum Garten des OXI befindet sich auf der Rückseite des Hofes, auf dem das Clubgelände einen Großteil der Fläche einnimmt. Seit Anfang August finden hier nun auch Tanzveranstaltungen statt. Vorerst selbstverständlich nur im Außenbereich, dafür aber mit lauter Musik und Maskenpflicht auf der Tanzfläche. Der hölzerne Floor, in unregelmäßigen Abständen in dichten Nebel gehüllt, wird umringt von einem Bett aus Kies und einigen Tischen und Stühlen, die den Übergang von Biergarten zu Clubbetrieb erzählen. An den Balken, die die einfache Dachkonstruktion darüber stützen, hängen Lautsprecher der Marke Lambda Labs. Die Anlage, die auch im Elysia in Basel den Ton angibt, hat ordentlich Power und sorgt für Stimmung unter den Tanzenden. „Die ist nur zur Hälfte aufgedreht, da geht noch mehr”, versichert mir jemand. Welche Anlage die Raver*innen drinnen anpeitschen soll, wenn irgendwann auch dort wieder getanzt werden darf, ist nicht bekannt – so wie eigentlich alle Aspekte der Zukunftsplanung.

Die Betreiber*innen halten sich in ihrer Kommunikation mit der Außenwelt nämlich äußerst bedeckt. Exklusivität ist das Gebot der Stunde, das weiß man in Berlin schon länger. Wer sich durchsetzen will, etwas Besonderes sein will, der darf nicht zu viel von sich preisgeben. Handykameras werden abgeklebt, die Gäste akribisch nach Veranstaltungsdetails befragt und die Außenwirkung gezielt gesteuert. Bisher zeigt das OXI nur über Instagram und Facebook Präsenz, die Webseite des Clubs gibt mal mehr, mal weniger aktuell Auskunft über das anstehende Programm, sonst wird wenig bis gar nichts kommuniziert. Die klare Differenzierung zwischen OXI und OXI Garten bestätigt allerdings die Annahme, dass wohl noch mehr geplant ist als bloßer Biergarten- und Open-Air-Betrieb.

In dichten Nebel gehüllt, tanzen die Gäste den gesamten Tag lang. Ein Blick in die meisten Gesichter verrät, dass viele sehnsüchtig darauf gewartet haben, endlich wieder im Clubkontext ausgehen zu können. Viele legale Alternativen gibt es zur Zeit noch nicht. Auch das macht sich das OXI zunutze, indem es das entstandene Booking-Vakuum ausfüllt. Trotzdem haben sich die Betreiber*innen diese Situation wahrlich nicht ausgesucht. Auch hier wünscht man sich mit großer Sicherheit eine Rückkehr zur Normalität – falls das überhaupt möglich ist. Es bleibt abzuwarten, welche Rolle das OXI in der Berliner Clublandschaft einnehmen wird. Das Potenzial für die Etablierung eines neuen Eckpfeilers der hiesigen Clubkultur ist ohne Zweifel vorhanden. Wir werden sehen, wohin die Reise geht. Hoffentlich früher als später.

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