DJ T. erzählte letztens noch im großen Interview, dass die DJs seiner Generation sich für Bookings mit Mixtapes beworben haben, The Black Madonna verkaufte in ihrer Teenage-Zeit noch Kassetten aus dem Kofferraum ihres Autos. Heute reden wir nicht mehr von Mixtapes, weil sich ab Ende der Neunziger das Format diversifiziert hat: CDs, SoundCloud, Mixcloud – ein Mix kann in vielen verschiedenen Formen kommen.
ÇAYKHs neuester Mix allerdings kommt auf Kassette, ganz oldschool also, und die war fix ausverkauft. Aus gutem Grund allerdings, denn was Nicolas Sheikholeslami auf seinem zweiten Tape-Beitrag auf V I S zusammenmixt, ist ein langsam sich entspinnender musikalischer Strang mit vielen dunkelbunten Farbschattierungen. Die Nähe zum Golden Pudel-Club, deren Residents Nina und Good News das Imprint betreiben, ist dem Mix nicht nur in seiner bisweilen obskuren Selektion anzumerken. Denn Sheikholeslami mixt überwiegend sutsche – so nennt es sich in Hamburg und Umgebung, Platten extrem verlangsamt, in der Regel also auf 33 statt 45rpm abzuspielen.
Am Anfang von ÇAYKH II steht eine minimalistische Cover-Version des Bob Dylan-Klassikers “Masters of War” unbekannten Ursprungs, die so extrem gedehnt wird, dass nur dumpfe perkussive Klänge und eine fast unmenschlich heruntergepitchte Stimme übrig bleiben. Das allein sagt viel über die Vorgehensweise von ÇAYKH aus: In seinem Mix werden auch bekanntere Jazz-Stücke aus Alice Coltranes Ashram-Phase oder Stücke ihres Ehemanns John verlangsamt und somit verfremdet, neu kontextualisiert und mit neuem, wenngleich weitestgehend langsameren Drive versehen. Mixing im Dienste eines krummen Flows voller Twists statt selbstverliebter Selector-Angeberei. Hits dürfen Hits bleiben, müssen aber anders klingen.
Dass der Mix dank Sutsche-Style wohl auch den Copyright-Algorithmen Bandcamps entgeht, mag ein positiver Nebeneffekt sein. Denn digital ist ÇAYKH II eben auch erhältlich – oldschool eben, nur eben nicht vorgestrig. Kristoffer Cornils
Stream: ÇAYKH – ÇAYKH II