Dark Ambient und Industrial geht offenbar besonders gut im Duo-Format. Sum Of R etwa ist das Bandprojekt des Schweizers Reto Mäder. Sum Of R zeichnen sich durch wechselnde Besetzung und wechselnden Sound aus. Zurzeit ist Fabio Costa einziger Partner. In größerer Besetzung hatten Sum Of R einen songorientierten Bandsound zwischen Doom-Metal und Psych-Progrock. Als Duo liegt ihr Sound näher am freien und weniger strukturierten Dark Ambient Sound von Mäders anderem Duo Ural Umbo. Orga (Cyclic Law/Czar of Revelation) verknüpft diesen spezifischen Sound mit Tribal-Geklopfe und jede Menge doomigem Dräuen. Das ist als Soundidee jetzt nicht unbedingt besonders originell aber in der Umsetzung umso dringlicher und intensiver.


Video: Sum Of R – Cobalt Powder

Drøne, das Duo des Niederländers Mark van Hoen mit dem britischen Labelmacher und „Klangkurator“ Mike Harding vom wohl etabliertesten und erfolgreichsten Label für experimentelle Ambientklänge ,Touch, kann auf eine etwas längere Existenz zurückblicken. Drønes drittes Album erscheint auf dem eigens dafür geschaffenen gleichnamigen Label. Mappa Mundi (Drøne/Touch) ist ein knapp halbstündiger Track in fünf ineinander fließenden Teilen der, wie der Titel es andeutet, eine Karte der Welt und ihrer Musiken auffaltet. Praktisch geht das von gefundenen Klangfetzen aus dem Kurzwellenradio über schmutzig körnigen Drone zu rhythmisiertem Noise und zurück zu quasi-authentischen Field Recordings. Wie der Release-Zufall es so will hat bewegt sich auch das jüngste Soundart-Projekt des Mexikaners Lvis Mejía in formal und inhaltlich erstaunlich nahe liegenden Koordinaten. Sein etwas mehr als halbstündiges Stück Anthropology of AmnesiA (OQKO) besteht ebenso aus ineinandergreifenden Teilen, die in Feldaufnahmen, rituellen Gesängen, Synthesizerdrones und Samplefetzen eine alternative akustische Weltkarte ausbreiten. Hic sunt dracones.


Stream: Lvis Mejia – Anthropology of AmnesiA

Adrian Corker & Jack Wyllie ist das Projekt des versatilen Adrian Corker, der vom Glitch-Duo Corker/Conboy zur Neuen Musik übergeschwenkt ist, aber auch neoklassische Soundtracks und Postrock gemacht hat, mit Saxofonist Jack Wyllie vom Portico Quartet und den großartigen Szun Waves, mit denen er eine einzigartige Variante von Ambient-Jazz entwickelt hat. Auf Adrian Corker & Jack Wyllie (Chaoide/Kudos) machen sie so etwas wie “leichte Elektroakustik” mit körniger Glitchtextur. Ziemlich hörbar und in Momenten sogar richtig schön, ja sogar „neoklassisch“ wenn am Fundament der Klassik Elektroniker wie Eliane Radigue oder Alvin Lucier stehen würden.

Elodie, die britisch-belgische Kollaboration von Andrew Chalk und Timo Van Luijk hat sich innerhalb von nur sechs Jahren in einer zweistelligen Anzahl von Alben manifestiert. Vieux Silence (Ideologic Organ/Editions Mego) ist dennoch eine Art essenzielles Debüt des hochproduktiven Duos, denn es ist ihr erstes Produkt das in einem breiteren Rahmen – auf Stephen „Sunn O)))“‘Malleys Label Ideologic Organ – erscheint, und nicht in ultralimitierten Auflage auf einer der privaten Plattformen „La Scie Dorée“ oder „Faraway Press“ der beiden. Elodie steht für Ambient auf der Basis warmer Drones aus Orgel- oder Streichersounds, der von vorsichtig modernistischen Strukturen konterkariert wird, etwa einem irrlichternden Piano im Stil von John Cage oder Morton Feldman, oder einer überblasenen, nach Flageolett klingenden Klarinette à la Stravinsky. Trotz der Annäherungen an die klassische Avantgarde bleiben Elodie immer entschieden diesseits des Schönklangs, was Vieux Silence zu einem der feinsinnigsten halbdunklen Ambient-Alben der letzten Zeit macht.


Stream: Elodie – Au Point du Jour

Auch die die neutönenden Seiten von Ambient, etwa die akademische Elektroakustik oder Free Improv, laufen im Duo runder als allein. Monk Style Or Scream (Monotype), das gemeinsame Projekt der Experimental-Veteranen Thomas Dimuzio & Anla Courtis, die beide einen beinahe unüberschaubaren Backkatalog vorweisen können, schöpft tief aus den Quellen der freien Improvisation. Auf ihrem gemeinsamen Album lenken sie ihre jahrzehntelange Erfahrung der Erzeugung von befreitem Lärm in ziemlich geordnete Bahnen, bringen Orgeldrone und feedbacksatte E-Gitarre zusammen in einen psychedelischen Fluß der nur vereinzelt von Turbulenzen und gefährlichen Untiefen gebrochen wird.

Foch Delplanques Secret (Parenthèses Records), die Kollaboration des französischen Schlagzeugers und Tabla-Spielers Philippe Foch mit dem Laptop-basierten Komponisten und Soundartisten Mathias Delplanque, findet ebenso Struktur und Zusammenhang, hin und wieder sogar einen unrund krautrockenden Groove, in der Zusammenballung einer Unmenge kleinteiliger Improv-Fragmente aus Percussion, Xylophon, Glockenspiel, Schlaghölzern und rhythmisch geschüttelten Sandeiern. Wie einfach das das Schwierige manchmal sein kann.


Stream: Foch Delplanque – Secret

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