Diesem Zugang folgt nun auch das Zweitwerk The Beach Goths. Der Titel geht auf einen Ausruf von Cosmo Vitelli zurück, als er die zwei bei einer Strandparty auflegen sah – ganz in Schwarz. Obendrein passt er aber auch hervorragend zur stilistischen Ausrichtung des Albums: Wieder arbeiten sich die beiden an ihren Plattensammlungen ab. Der Fokus liegt vor allem auf Rockabilly, Surf- und Psychedelic-Rock. Kosmische Synthesizersounds mischen sich zwischen verzerrt-verhallte Gitarren, die Beats kommen von billigen Rhythmus-Maschinen – oder werden gleich per Hand gespielt.

Obendrein versammelt die Platte eine Schar an jungen Tel Aviver Gastmusikern wie Eylonzo Crotch, Gabriel Broid, Adi Bronicki, Thomas Jacksonn – allesamt Teil einer vitalen Szene der Stadt, die sich, genau wie Red Axes selbst, nicht um Genre-Zugehörigkeit schert und Freiräume zwischen Garage-Rock und New Wave auslotet. Eine Szene, die Sadovnik und Arzi mit ihrem 2015 gegründeten Label Garzen fördern.


Stream: Red Axes – Into Your Arms (feat. Adi Bronicki)

„Die Szene in Tel Aviv ist überschaubar, aber extrem spannend“, erklärt Arzi. „Die Stadt fühlt sich an wie eine Insel, ähnlich wie das vielleicht im Westberlin vor 1989 der Fall war. Tel Aviv ist kaputt und wunderschön zugleich. Diese Elemente – die Dekadenz auf der einen, die entspannte Strandatmosphäre auf der anderen Seite – prägen die Szene. Und auch unseren kreativen Output.“ Dieser ist im Fall von Red Axes in jüngerer Vergangenheit schwindelerregend hoch: 2015 veröffentlichten die beiden acht EPs, vergangenes Jahr sieben. Dabei sitzen sie angeblich auf Hunderten noch unveröffentlichten Tracks. „Dori ist in dieser Hinsicht irre. Er produziert dir einen Sommerhit im Flieger zwischen zwei Gigs, einfach so“, sagt Arzi. „Einmal erzählte ich ihm von meiner Obsession für die israelische Sängerin Inbal Perlmuter, tags darauf hatte er einen unglaublichen Techno-Edit von einem ihrer Hits am Start und spielte ihn bei einem unserer DJ-Gigs“.

Sadovnik winkt beim Interview lächelnd ab. Sein Ansatz sei simpel: Einfach machen, nicht zu viel nachdenken. Den Track „Too Late To Samba“ hatte er in 30 Minuten fertig, das neue Album war in zwei Wochen im Kasten. „Bei Red Axes steht die Idee über dem Feinschliff“, sagt er. Und genau darin liegt der Reiz vieler Red-Axes-Tracks. In Zeiten, in denen jeder Hobby-Produzent seine Tracks mit professionellen Mastering-Tools aufpimpen kann, in denen Musiker ohne Druck ewig an ihren Stücken feilen können, ist dieser Punk-Ansatz im Clubmusik-Umfeld so erfrischend wie wohltuend. „Wenn wir zu lange an einem Track herumbasteln, weiß ich, das wird nichts“, sagt Sadovnik über den Arbeitsprozess des Duos. „Dann sage ich: Weg damit, her mit der nächsten Idee.“

Was nicht heißen soll, dass die Tracks des Duos nicht ordentlich ausgearbeitet sind und Druck machen. Das belegt ihr Konzert wenige Stunden später im Village Underground. Nach einem DJ-Set von Barnt betreten Sadovnik und Arzi um 2.30 Uhr die Bühne. Ersterer schraubt an einem Roland Juno 106 und blickt gelegentlich auf den Laptop-Bildschirm, Letzterer spielt Melodien auf dem Yamaha DX7 und bedient den Roland-TR-8-Drumcomputer. Der Housebeat ist stramm, der Bass pumpt, die Acid-Lines gurgeln. Doch Red Axes wären nicht Red Axes, würden sie sich damit zufriedengeben. Nach einer Viertelstunde spielt Arzi plötzlich Mundharmonika, es folgen Blockflötenklänge und andere in diesem Kontext verpönte Sounds. Kurz: Das Duo macht, was es am besten kann. Es zieht der oft zu strengen Clubkultur die Hosen runter. Die Anwesenden lieben es. Und unterstreichen damit abermals die These von Red Axes: Man darf die Dinge einfach nicht zu ernst nehmen.

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