Was war letztlich der entscheidende Schritt für deine eigene Reduktion?
Sicherlich der, als ich die Granularsynthese für mich entdeckt habe. So war es mir möglich, spezielle konzeptuelle Ansätze, die ich in einigen Werken verfolgt habe, umzusetzen. Ich bin da auch noch nicht fertig. Es ist mein Mittel der Konzentration und Reduktion, dass ich eine bestimmte Grundidee habe, von der aus ich meine Klänge entwickele. In den vergangenen Jahren war dies immer eine relativ kurze Aufnahme, meistens von gesprochener Sprache, die ich dann zu einem langen Musikstück verarbeitet habe. Aber alles – und das war das Konzept – stammt aus dieser einen Quelle, Sdie im Endprodukt eigentlich kaum noch zu erkennen ist. Und hierfür sind die digitalen Verarbeitungsmethoden natürlich am besten geeignet.
Wie würdest du einem Laien erklären, was die Granularsynthese ist?
Das ist eine Methode der Klangerzeugung, wo man entweder ein bestimmtes Audiosample hat oder auch nur eine Wave-Form. Aus diesem Audiosample werden dann kurze Stücke herausgenommen, die sogenannten grains, also quasi Soundkörner. Diese werden dann oft überlappend gespielt, sodass daraus ein vollkommen neuer Klang entsteht. Im Vergleich zum Sampler ist das Soundkorn für sich genommen in den meisten Fällen nicht als Klang zu erkennen, weil es zu kurz ist, vielleicht 50 Millisekunden.
Wann hast du begonnen, mit dieser Methode zu arbeiten?
Das war 2012 auf einem Festival in Graz namens hörgeREDE. Die verbinden dort experimentelle Musik mit Literatur. Auf dem Festival wurde ich zusammengespannt mit der jungen Schriftstellerin Valerie Fritsch. Ich wollte gerne etwas mit dem Text, den sie lesen wollte, machen. Ich bat sie also vorab, den Text zu lesen und aufzunehmen. Diese Aufnahme habe ich dann genommen, um daraus die Musik zu machen. Es war besonders toll, weil sie einverstanden war, dadurch ihren Text vollkommen auseinanderzunehmen. Die Teile, die ich eigentlich vergranuliert habe, hat sie dann nicht mehr bei der Aufführung gelesen, das heißt, die einzige Repräsentation dieser Teile war in Form der granularen Re-Synthese.
Stream: Electric Indigo & Pia Palme – Das kleine Zimmer am Ende der Treppe
In dieser Groove-Ausgabe steht das Thema Kollaborationen im Vordergrund. Welche Zusammenarbeiten mit anderen Künstlern waren für dich besonders prägend?
Da gibt es zwei Projekte, eines davon mit der Komponistin und Performerin Pia Palme [2011 komponierten sie die Musik für die Theateraufführung Das kleine Zimmer am Ende der Treppe (KosmosTheater, Wien) und arbeiteten 2014 zusammen an der Soundinstallation Relatively Scary (Festival musikprotokoll, Graz); Anm. d. Red.]. Sie kommt eher aus der Neuen Musik. Sie ist auch sehr streng mit ihren Ideen. Aus der Zusammenarbeit mit ihr habe ich sehr viel gelernt, über die Möglichkeiten der Notation. Oder ihre Unbestimmbarkeiten, gerade weil durch sie auch ein grafischer Aspekt in die Musik mit reinkommt – Aspekte über die Musik also, die ich im Clubumfeld vorher nicht gesehen habe. Die Kooperation ist in den vergangenen Jahren auch immer wichtiger für mich geworden. Ich bin mir sicher, weil ich mit Pia so viel an Musikprojekten gearbeitet habe, wurde ich auch zu den renommierten Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt eingeladen, um einen Workshop zu halten.
Und die zweite wichtige Kollaboration?
Das ist die Zusammenarbeit mit Thomas Wagensommerer [Medienkünstler und Lektor für experimentelle Medien an der Fachhochschule St. Pölten; Anm. d. Red.]. Er macht zwar auch Musik, doch in unserer Kollaboration ist er der visuelle Künstler. Mit ihm habe ich zwei von diesen Musikprojekten, die auf Sprache basieren, als audiovisuelle Konzerte realisiert. Eines war das audiovisuelle Konzert „Morpheme“, mit dem wir 2015 auch etwas getourt sind. Das hat mich total begeistert, wie wir uns künstlerisch von der Idee her verstehen, also wie er meinen Gedanken der Vergranulierung aufgenommen und auf visueller Ebene weitergeführt hat. Für „Morpheme“, dem ja ein Satz zugrunde liegt, der von der britischen Philosophin Sadie Plant stammt [„To let noise into the system is a kind of fine art in both cybernetic terms and in terms of making music too“, so gesagt während einer Diskussion beim CTM Festival 2014; Anm. d. Red.]. Bei mir ist es also die Audioaufnahme davon und bei Thomas eine Transkription des Satzes. Für jedes Zeichen in dem Satz gibt es eine abstrakte 3-D-Figur, die dem Zeichen entspricht.