Peaches wurde als Teil der Berliner Electroclash-Szene der Jahrtausendwende mit Clubs wie dem Rio bekannt. Der positiven, farbigen Technokultur wurden die schwarzen Lederjacken des Punk gegenüber gestellt, Arroganz und Narzissmus statt Einschluss und Bejahung. Mit diesen Politics hatte Peaches wenig zu tun. Ihr Thema ist das Aufbrechen fixierter Geschlechteridentitäten, ihre tiefe Überzeugung die Bisexualität jedes Menschen. Im Popgeschäft war es eine Revolution, sich als Frau nicht mehr als Gegenstand und Erfüllungsgehilfe von Männerphantasien zu entwerfen, sondern als offensive Schöpferin eigener erotischer Szenarios. Peaches erfand das Modell des feministischen, sex-positiven Popstars und wurde damit wie keine andere Musikerin in der Zeit ein Game Changer. Sie prägte eine ganze Generation amerikanischer Popstars von Christina Aguilera bis Lady Gaga. Sie könnte jetzt in Rente gehen. Stattdessen erkundet sie ihre Roots in der Performance Kunst. Mit Peaches Christ Superstar produzierte sie eine Adaption von Jesus Christ Superstar, mit Peaches Does Herself ein Theaterstück und einen Film über ihre Karriere. Außerdem singt sie in einer Oper und ist in einem Bildband zu bewundern. Ihrem fünften Album merkt man vielleicht an, dass es nicht auf dem obersten Platz ihrer To-Do-List stand. Der effektive, von Vince Cooler produzierte Electrosound klingt stereotyp. Die Songs sind gelungen, aber keine Gassenhauer. Thematisch, sprachlich und stimmlich ist Peaches nach wie vor unangreifbar. Wieder erzählt sie haarklein, was für sie toller Sex ausmacht und ist dabei immer geistreich und witzig. Der beste Song ist eine schonungslose, bitterböse Abrechnung mit einem Ex, einer verlotterten Nightlife-Gestalt, von dem Peaches furchtbar enttäuscht ist: „Hide in your little bar where you are the king of free drink tickets? Wow. Impressive.“
Video: Peaches – Close Up (feat. Kim Gordon)