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DJ RICHARD Grind (Dial)

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DJ Richard aus Providence bzw. Berlin ist 2012 als Teil des White-Material-Kollektivs und -Labels bekannt geworden. White Material entwickelten einen technoiden, geradlinigen Gegenentwurf zum experimentellen, Modular-Synthesizer-verliebten Sound von L.I.E.S.. Gleichzeitig rebelliert hier die heruntergekommene, alte Punk-Stadt Providence gegen das kunstaffine und von sich selbst eingenommene New York. DJ Richards Sound ist nicht so leicht zu charakterisieren wie der seiner Partner, wie Galcher Lustwerks origineller Mix von Techno und Rap oder Young Males punkiger Analogsound. In Richards Maxis scheint eine Liebe zum ungebrochenen Techno der Neunziger durch, als alles möglich schien. Sein Sound klang zunächst ungewöhnlich heterogen, Richard entwickelte kein klar umrissenes, stilistisches Repertoire, keinen Signature Sound. Er brachte alles zusammen, was ihn faszinierte, egal, ob es zugänglich oder speziell, populistisch oder abseitig war.

Auf seinem starken, aufgeräumten Debütalbum findet man Richards unverblümten Clash wüster, hektischer Grooves und hochdramatischer Melodien nicht wieder. Die Stücke sind ruhiger, introvertierter, melancholischer, sie knüpfen an Lawrence an, an Lowtec, an Kassem Mosse, an diverse Alben auf Delsin, an klassische Detroittracks. Sie sind bescheiden, trotzdem fehlt es ihnen nicht an Entschiedenheit. Die durch das Album führenden Grooves sind kraftvoll und stark, aber frei von Posen und Angebertum. Die packende, schwermütige Emotionalität der Tracks kommt aus den tiefen Frequenzen, sie wird von den Bässen getragen. Ausgelassen feiern kann man nur, wenn man die Einsamkeit kennt, scheint diese Musik zu sagen.

Der besondere Twist des Albums liegt darin, dass Richard die harmonische, gefühlvolle, melodiebezogene Seite der Musik mit schroffen, noisigen Sounds bricht. Sie sorgen für Irritationsmomente, die man in diesem Genre der Clubmusik jenseits des Dancefloors oft vermisst. Die Tracks kommunizieren mit den Hörern, aber sie sind auch abgründig und unberechenbar. Indem die detroitigen Sounds gedehnt, zersetzt, aufgelöst werden, entsteht ein subtiles, psychedelisches Moment. Es ist aber noch etwas anderes: Richard hat ein besonders abgeklärtes Verhältnis zu seiner Musik. Er hat nichts mit den Gralshütern irgendeines Spartensounds zu tun, die auf alles andere herabblicken. Gleichzeitig sind die Tracks frei von DJ-Testosteron und karrierestrategischen Erwägungen. Es ist eine Punk geschulte Autarkie, die diese Tracks so kompromisslos macht.

 


Stream: DJ RichardThe Savage Coast

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