Mit seinen Hits wie „Battle for Middle You“ oder „Au Seve“ setzte sich Julio Bashmore aus Bristol von den britischen House-Kollegen durch einen poppigen, strahlend positiven Housesound ab. Wo andere vergleichbares versuchten, klang das Ergebnis oft flach, unglaubwürdig oder hatte mehr mit Pop zu tun als mit House. Während britische DJs und Producer oft auf den distanzierten, glamourösen Funk von Strictly Rhythm stehen, ist Bashmores Vibe discoider und eklektischer. Ihn begeistert die unvermittelte, hymnische Euphorie des House der Neunziger Jahre. Mit der düsteren Bass Music kann er dementsprechend wenig anfangen, aus diesem Kontext entnimmt er hauptsächlich die sehr präsenten, herausmodulierten Basslines. Bashmores Debütalbum ist nicht weniger als eine Sensation: Mit einem so ungebrochenen, überschwänglichen Vocal-House-Album ganz und gar aus einem Guss hat man nicht mehr gerechnet.
Erfolgreiche DJs und Producer versagen oft im Albumformat, weil der Signature Sound über die längere Dauer nicht trägt. Wenn sie einen neuen Stil aufnehmen, hat der oft wenig mit ihrem Clubsound zu tun. Bashmore klares Konzept liegt auf Vocals (von Sam Dew, Julie Mendoza, Bixby, J´Danna, Seven Davis Jr., Okmalumkoolkat). Bashmore hat sich überraschend starke Songwriting-Skills erarbeitet. Ihm (bzw. seinen SängerInnen) gelingt das Kunststück, aus dem Nachtleben heraus über das Nachtleben zu erzählen. Die ungebrochene, naive Euphorie seiner Singles wird jetzt mit mehr musikalischer Expertise, mehr emotionaler Tiefe und einer facettenreicheren Produktion inszeniert. Auf seinen Singles war der Einfluss seines Breeding Grounds (2Step, UK Funky) noch sehr präsent, die Basslines strukturierten die Tracks. Die einmalige, überschwängliche Energie dieser Stücke entsteht, weil jetzt nicht etwa die Vocals die Führung übernehmen, sondern jede Ebene gleich präsent ist, die Stimmen und Grooves haben dieselbe Energie.
Damit setzt sich Bashmore vom aktuellen, Vocal-lastigen Deep House ab, der meistens die Vocals ins Zentrum stellt. Da spielen die Grooves die zweite Geige, und die Songs haben stilistisch oft wenig mit House zu tun. Der typische Deep House-Song erzählt von einer spirituellen Läuterung und ist damit ziemlich individualistisch und selbstbezogen. Knockin’ Boots handelt davon, was zwischen Menschen passiert. Das süßlich-charmante, augenzwinkernde „Knocking Boots“, das hymnisch-lyrische „Holding On“, die donnernde, sexualisierte Cajmere-Hommage „She Aint“, das ehrfürchtige, anbetende 2Step-lastige „Let Me Be Your Weakness“, das innige, tiefsinnige „Rhythm of Auld“, das zart verknallte „For Your Love“, das chicagolastige, stampfende „What´s Mine is Mine“, das lustige, flirtende „Unubu“, die nachdenkliche Larry-Heard-Hommage „Simple Love“ und das abgeklärte, zurückblickende „You & Me“: Alle Songs handeln von der Liebe und ihrem Entstehen und Vergehen.
Video: Julio Bashmore – Knockin’ Boots (Kurzfilm)