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Zeitgeschichten: José Padilla

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Wir habt ihr das Musikmachen dann strukturiert?

Jeder der drei hatte eine andere Art zu arbeiten. Meistens fingen sie mit einem Rhythmus an, dann kamen die Melodien und alles weitere dazu. Bei mir läuft das eigentlich genau umgekehrt, ich starte normalerweise mit Klängen und Harmonien, niemals mit dem Bass. Der kommt erst wenn der Track halb fertig ist. Wir haben in der Regel von 12 Uhr mittags bis abends zum Sonnenuntergang gearbeitet. Nachts bin ich dann durch meine Plattensammlung gegangen und habe mir überlegt, welche Samples man zu welchem Track nehmen könnte. So haben wir zusammen gearbeitet, und wir haben wirklich einen Track pro Tag produziert.

Du hast im Laufe deiner Karriere nicht gerade viel eigene Musik veröffentlicht. Hattest du dieses Mal einen bestimmten Klang im Kopf?

Das Gute ist, dass ich nicht gerade ein sozialer Mensch bin. Im Grunde werde ich immer weniger sozial (lacht). Ich mag es einfach nicht mehr, was ich um mich herum und vor allem auf Ibiza sehe. Also gehe ich wenig aus dem Haus. Manchmal höre ich mir einen DJ wie Joe Claussell an. Es war also wichtig für mich, mit diesen Youngsters abzuhängen. Die spielen den Kram, den ich schon vor 30 Jahren gespielt habe. Sie haben mich respektvoll behandelt. Ich kenne eine Menge junger Leute, die nur Dubstep oder EDM hören und das war’s. Mit solchen Typen will ich nichts zu tun haben, ich brauche aufgeschlossene Menschen mit musikalischer Bildung um mich herum. Ich denke auch nicht in Genres.

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Hat sich die Art, wie du deine eklektisch angelegten DJ-Sets spielst, über die Jahre geändert?

Nein, das ist einfach die Art, wie ich auflege. Nur dass ich heute besser spiele (lacht)! Ich habe einen schlechten Ruf als DJ, zumindest was meine Mixing-Skills angeht. Meine Beat-Anpassungen waren immer ein Desaster, ich stehe seit jeher auf Kriegsfuß mit den Beats. Aber mit der neuen Technologie ist das alles natürlich einfacher geworden.

Hast du deine Plattensammlung inzwischen digitalisiert?

Ja, ich spiele mit CDs. Ich habe einen guten Recorder, also klingt es wirklich gut. Mit USB-Sticks und Serato habe ich mich noch nicht beschäftigt, und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich diesen Schritt überhaupt gehen soll. Ich musste eine Menge Platten verkaufen, was mir nicht leicht gefallen ist. Aber wie viele meiner Alterskollegen war ich in finanziellen Schwierigkeiten und brauchte Geld. Also habe ich die Hälfte meiner Plattensammlung verkauft. Es ist eine traurige Tatsache in diesem Business, dass ich mein Alter inzwischen fühle. Man sollte da realistisch sein, auch wenn ich heutzutage besser auflege als früher mit all der neuen Technik, muss ich mich fragen lassen: Was willst du alter Kerl überhaupt?

Immerhin bist du einer der ersten Chillout-DJs gewesen!

Ja, aber das hat sich gegen mich gewendet. Weil Chillout in der Form verschwunden ist. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich der Erste war. Ich habe Anfang der Neunizger einmal einen Winter in London gelebt. Damals gab es dort einen Plattenladen namens Fat Cat Records. Jeder hat dort gekauft, sie hatten eine extrem gute Auswahl. Damals war Mixmaster Morris der King des Ambient-Sounds. Ich habe ihn immer etwas schräg von der Seite angeschaut, weil er in diesen verrückten silbernen Anzügen herumgelaufen ist. Super trendy, was ich nie war. Egal, wir sind gute Freunde geworden, er ist ein wirklich liebenswerter Typ.

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