Die philosophische Strömung des Präsentismus erkennt als Unterform der Ontologie (Lehre des Seins) keine Vergangenheit oder Zukunft als real an. Nur das, was augenblicklich existiert und passiert, ist echt. Boris Bunnik hat danach sein viertes Album unter seinem Conforce-Moniker benannt, scheint sich aber nicht völlig hinter die anzitierte Theorie zu stellen: „Time Space Continuum“ heißt ein Track auf Presentism, eine Referenz auf das physikalische Modell, das der Gegenbewegung zum Präsentismus, dem sogenannten Possibilismus als Argumentationsstütze dient. Bunnik spielt aber nicht nur konzeptuell, sondern auch musikalisch mit widersprüchlichen Elementen. Verblendet der Niederländer etwa Kosmische Musik und Dub Techno, so bringt er ein Genre, das nur Gegenwart und Zukunft kennt, mit einem anderen zusammen, das die Zeit glatt einfrieren lässt, dann entstehen hinreißende Spannungen. Darüber hinaus gelingt Bunnik es prachtvoll, mit seiner Musik weite Räume zu öffnen. Presentism ist abwechslungsreich aufgebaut und jedes noch so winzige Detail sitzt an der richtigen Stelle. Es ist ein überraschend warmes, unnachahmlich dichtes Album, über das sich die Zeit auch gerne mal vergessen lässt. Was würde der Präsentismus eigentlich dazu sagen?
Stream: Conforce – Presentism Sampler