Der Erfolg von The xx lässt sich kaum mit den Songwriting-Qualitäten der Band, nicht einmal durch ihre durchgestylte Minimal-Ästhetik erklären. Es ist ihr straffer Umgang mit Musiktraditionen und -stilen, der die Band besonders machte, wie sie aus dem Fremden das Eigene abstrahierten. Jamie xx hat diese Praxis in seinem Solo-Output intensiviert. Seine Gil Scott Heron-Remixe hätten wohl kaum so vielen Fans des Musikpoeten sauer aufgestoßen, hätte er den Originalen nicht einen individuellen Schliff gegeben. Ähnlich die Sample-Operette „All Under One Roof Raving“, in welcher der Zuspätgeborene neuen Spirit aus alten Tunes destillierte. Der Track findet sich, anders als die 2014 veröffentlichten Tracks „Sleep Sound“ und „Girl“, jedoch nicht auf In Colour. Die elf Stücke von Jamies Debütalbum entfernen sich tatsächlich noch weiter von ihren Wurzeln in Rave-Kultur, Garage und House. Zugleich lassen sie die R’n’B-, HipHop- und Dancehall-Elemente durch Gastauftritte der The xx-Mitglieder Romy Madley Croft und Oliver Sims oder Young Thug und Popcaan miteinander dialogisieren. In Colour schwebt losgelöst im eigenen Orbit, feiert den eleganten Stilbruch, die Wirkungsmacht von Rhythmus und Melodie und das Miteinander der Unterschiede. Und lässt selbst Steel Drums wieder geil klingen.
Video: Jamie xx feat. Romy – Loud Places