Der gebürtige Chilene Ricardo Tobar hat die unwahrscheinliche Begabung, die widersprüchlichsten Elemente in seiner eigenen Handschrift verschmelzen zu lassen. Seine Tracks sind von Sehnsucht durchzogen, versumpfen jedoch nicht in Melancholie. Sie können zum Tanzen auffordern, ohne das unbedingt zu wollen. Vor allem wecken sie ein Gefühl der Vertrautheit und bewahren sich doch eine eigenartige Befremdlichkeit. Auf Collection lässt der Wahlfranzose organische Schwelgereien mit elektronischer Distanziertheit zusammenfinden. Kein Stück bringt die Ästhetik Tobars besser auf den Punkt als „Brittle“: Nervös hüpfen Synthesizermelodien über einen unbeirrbaren Midtempo-Beat, der es sich nicht zuzutrauen scheint, seine volle Kraft zu entfalten. Als müsse er das! Die übereinander geschichteten und ineinander verschachtelten Klänge erledigen das stattdessen. Die weiteren neun Tracks von Tobars Zweitwerk – 2013 veröffentlichte er nach EPs auf Border Community und Traum sein Debüt auf Desire – spielen ähnliche integrative Spielchen mit fremdelnden Elementen, vor allem musikgeschichtlichen Referenzen und zeitgenössischen Stilmitteln. Es steckt eigentlich bereits im Titel dieses Albums: Lässt Collection eine lose Auswahl an Tracks erwarten, fällt hier alles wie auf wundersame Weise an seinen Platz.
Stream: Ricardo Tobar – Collection (Preview)