Die Welten von Blasmusik und Rave liegen weiter von einander entfernt als Erde und Mars, sollte man eigentlich denken. Doch der britische Künstler Jeremy Deller findet, dass zwischen ihnen erstaunlich viele Parallelen existieren. Denn schließlich, so Deller, waren Blasmusik und Acid House jeweils die Soundtracks der beiden bedeutendsten sozialen Bewegungen, die Großbritannien in den achtziger Jahren erlebte: Die Bergarbeiter-Streikwelle, die von den traditionellen Bergarbeiter-Kapellen unterstützt wurde, sowie die Acid-House-Explosion während des „Second Summer of Love“ 1988/89, die der konservativen Regierung unter John Major 1994 als Vorwand diente, mit dem „Criminal Justice Act“ spontane Parties und Festivals zu unterbinden. Die Idee, einige der größten Acid-House-Hits von einer Blaskapelle spielen zu lassen, kam Deller nach eigenen Angaben bei einem Kneipenabend mit Freunden. Aus der Schnapsidee wurde ein Riesenerfolg, nachdem der Komponist Rodney Newton Stücke wie „Voodoo Ray“ von A Guy Called Gerald, „Strings Of Life“ von Rhythm Is Rhythm und „Pacific 202“ von 808 State für Blaskapellen arrangierte und 1997 mit der Fairey Band aus der Nähe von Manchester erstmals aufführte. Deller fasste seine Theorie von der Verbindung zwischen Blasmusik und Rave anschließend in einem Diagramm zusammen, das er „A History of the World“ nannte. Beide Werke waren mit dafür ausschlaggebend, dass Deller 2004 mit dem Turner Prize, dem wichtigsten britischen Kunstpreis, ausgezeichnet wurde.
Zum Abschluss des Theaterfestivals „Foreign Affairs“ der Berliner Festspiele führt die Fairey Band das „Acid Brass“-Programm am Samstag, den 12. Juli 2014, erstmals in Deutschland auf. Ab 20.30 Uhr gibt es im Haus der Berliner Festspiele zudem ein Live-Set des 808 State-Mitglieds Graham Massey zu hören und einen Dokumentarfilm über Jeremy Dellers Kunstaktion „The Battle Of Orgreave“ zu sehen.
Video: Jeremy Deller – Acid Brass (BBC 2 / The Culture Show)