„Vegetariermusik”. So lautet das nicht als Kompliment gemeinte Urteil eines Kommentators zu Luke Abbotts Live-Performance von „Amphis“. Im Video zu diesem leicht verschwurbelten Vorgeschmack auf sein zweites Album kniet der Brite inmitten eines kahlen Waldes und schraubt an seinen Maschinen, den Laptop hinterm Häkeldeckchen verborgen. Ganz Unrecht hat der Kritiker nicht, um genau zu sein, ist Wysing Forest nämlich Wurzelkost. Wie James Holden, der jüngst mit Inheritors den musikalischen Ahnen huldigte und mit der urwüchsigen Wildheit seiner Live-Darbietung so manchen Clubhead verschreckte, begibt sich Abbott nun auch auf den experimentellen Boden, den psychedelischer Rock und Folk, Free Jazz und die elektronischen Pioniere in den Sechzigern und Siebzigern bereiteten. Er knüpft da an, wo Improvisation L’art pour l’art war, und sich keinem vorbestimmten Zweck, Stil, Format oder Rhythmus unterordnen wollte. Wysing Forest ist eine spannende Reise durch synthetische Welten mit der Unvorhersehbarkeit, die so ein altbewährter Aufbruch zu neuen Ufern mit sich bringt. Kein klangliches Fastfood, sondern gehaltvolle Kost für abenteuerlustige Ohren.
Video: Luke Abbott – Amphis (Live)