Fotos: Koto Hirai
Erstmals erschienen in Groove 145 (November/Dezember 2013)
„Wie jeder weiß, wurde Rom auf sieben Hügeln erbaut. Doch es gibt noch einige weitere Erhebungen, ich etwa lebe fast auf der Spitze des Monte Mario, dem höchsten Hügel Roms, der im Norden der Stadt liegt, nicht weit weg vom Olympiastadion. Eine ruhige, sehr grüne Gegend. Ich bin in Rom geboren, doch von 2004 bis Ende 2006 wohnte ich in Berlin. Ich wollte etwas neues sehen und fühle mich heute noch immer sehr mit der Stadt und meinen Freunden dort verbunden. Doch ich musste wieder zurück nach Italien um näher bei meiner Familie zu sein. Und ich brauchte wieder Platz und Zeit für mich selbst. In Berlin lernte ich unter anderem Marco Freivogel, Ingo Gansera, Rabih (Beaini, Anm. d. A.), Peter, Yves, Patrick – ach, zu viele, um sie alle aufzuzählen – kennen. Es gab diesen wahnsinnig kreativen Austausch zwischen uns und irgendwie konnte ich diese Energie mit nach Italien nehmen. Manchmal vermisse ich Berlin – meine Freunde, die Plattenläden, die Energie. Doch nachdem ich dort war, konnte ich mein Leben in Rom wieder ganz neu lieben lernen. Das tolle an Rom ist, dass die Stadt dich so stark beeinflusst. Wie sollte es auch anders sein? Eine Stadt mit so viel Geschichte, den Skulpturen, der Kunst – wir sind ständig umgeben von purer Schönheit. Und verrückten Leuten – und das meine ich absolut positiv. Die Römer sind ständig im Stress, zugleich aber nett und lustig wie sonst kaum jemand. Doch in Rom habe ich nur wenige Freunde mit denen ich auch über Musik rede. Neel (neben Dozzy die zweite Hälfte von Voices From The Lake, Anm. d. Red.) lebt auf der anderen Seite der Stadt, und es gibt viele Musiker, die ich respektiere, aber die Stadt ist groß, es gibt etliche kleine Szenen, die nur lose miteinander verbunden sind.
„Es gibt wunderschöne versteckte Ecken, an die man nur schwer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gelangt.“
Wenn Freunde zum ersten Mal zu Besuch sind, zeige ich ihnen statt den offensichtlichen Plätzen lieber unbekannte Orte. Es gibt wunderschöne versteckte Ecken, an die man nur schwer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gelangt. Ich gehe zum Beispiel oft auf die Spitze des Monte Mario, dort gibt es einen Französischen Friedhof aus dem Zweiten Weltkrieg. Es ist sehr ruhig dort und man hat man eine tolle Sicht auf den nördlichen Teil von Rom. Und ich mag den Villa Ada, ein wunderschöner Park! Im Sommer hängen die Leute dort rum, rauchen Joints, spielen Bongos. Ein toller Vibe. Dort treten auch Bands auf, experimentelle Sachen, manchmal bekanntere, sogar elektronische Acts – aber ich habe dort noch nie gespielt – ich rauche eher selbst die Joints. (lacht)
In Sachen Nachtleben kann ich die wöchentlichen Alchemy-Partys im Vicious Club mit den Resident-DJs Claudio Fabrianesi und Fabrizio Lapiana empfehlen. Oder den Goa Club, da gibt es fantastische Nächte mit super Line-ups. Und den Brancaleone Club, wo ich im Oktober eine eigene monatliche Partyreihe namens Strati gestartet habe. Ich will ein musikalisch ein bisschen frischen Wind in die Stadt bringen, und Neel wird mir dabei helfen.
Um Platten zu kaufen lege ich jedem den Ultrasuoni-Shop ans Herz. Ich persönlich gehe aber auch gerne auf Flohmärkte und kaufe irgendwelchen abgedrehten Secondhand-Shit. Ich stehe total auf die frühe italienische Prog-Szene, und wenn ich am Sonntag nahe dem Testaccio-Viertel die Flohmärkte früh genug abklappere, werde ich eigentlich auch immer fündig. Wer übrigens mehr über die italienische Musikszene erfahren möchte, dem empfehle ich noch die Website www.electronique.it, die regelmäßig Künstler vorstellt, die im Ausland eher weniger bekannt sind. Für sie nahm ich Anfang des Jahres einen Podcast voller Tracks und Künstler aus Rom auf – und da gibt es eine ganze Menge!“
Das Album Donato Dozzy Plays Bee Mask ist bei Spectrum Spools erschienen.
Mehr Texte aus der Rubrik „Meine Stadt“ gibt es hier.