Schubladen-Fetischisten kotzen bei Oliver Ho seit Jahren ab. Drückte der Brite mit Surgeon, James Ruskin und Regis in den neunziger Jahren dem Insel-Techno seinen Stempel auf, flanierte er nach der Jahrtausendwende auf der Tribal- und Minimal-Welle und hinterließ bei Pokerflat, Drumcode und kürzlich Running Back seine Visitenkarte. Immer wenn wir Raudive in ein Genre pressen wollen, entquetscht sich der DJ und Produzent aus diesen altbackenen Konventionen. Ein Weltenbummler, Fantast oder gar rastloser Klangforscher? Es gibt jedenfalls wenige, die sich derart elaboriert mit außereuropäischen Kulturen auseinandersetzen. Ob Afrika, China oder Südamerika – Ho steht für höchst eigene, immer direkte und experimentelle Musik. Sein zweites Album A System Of Objects als Raudive beim Berliner Label Macro legt davon erneut Zeugnis ab. Das Portfolio an Sounds und Stilen aufzudröseln, würde wenig Sinn machen. Denn auch wenn alle 14 Kompositionen in sich ihren Spleen für Klang- und Struktur-Konfrontation ausbreiten (Stichwort: archaische Musik), macht die LP als LP Sinn. An weirden Jazz-Ausflügen („Furniture“) ist Ho ebenso interessiert wie an minimalistischen Klangexplorationen, die uns an Faust oder seine Kollaboration mit Tommy Gillard als Zov Zov denken lassen („Blood And Hair“). Mit „Floor“ gibt es zwar ein Balzen mit der Peaktime, aber dieses Rendezvous scheitert am intentional gestrichenen Klimax. A System Of Objects ist ein Gemischtwarenladen ohne Etikette, ein brodelnder Vulkan ohne Ausbruch. Auf den ersten Blick gibt sich alles experimentell, auf den zweiten jedoch als bewusste Kreativ-Zurschaustellung eines nimmermüden Virtuosen. Hin und wieder überfordernd, aber immer spannend. Ist man durch, geht der Finger wieder auf die Play-Taste. Klingt komisch, ist aber so.
Stream: Raudive – A System Of Objects (Album Preview)