Tanz die Melancholie: das Französische Duo Acid Washed erinnert sich an die Zeit des Voguing und versprüht teilweise extrem tiefe Housedramatik. Die hätte in den Achtzigern sicherlich nicht nur so manchen Harlem Ballroom in Aufruhr versetzt. Auch die Clubs ihrer Heimatstadt Paris hätten mächtig gewackelt, schließlich wurde hier das Voguing jenseits von New York am intensivsten zelebriert. Allerdings zielt ihr zweites Album nicht auf den Club allein. Besonders in den ruhigen, dem Songwriting und nicht dem Track verpflichteten Passagen wird ein Publikum anvisiert, das Musik lieber mit nach Hause nimmt. Ein tragisch balearischer Wave-Schlager wie „Gasoline“ verbreitet mit Crooner-Gesang eine Sentimentalität, die so wirkt, als singe ein Richard Hawley zu einer cool rollenden Drum Machine. Und ein Song wie „Hello Universe“ würde perfekt auf eine neue Italians Do It Better-Veröffentlichung passen. Die erste Single zum Album ist „Fire N`Rain“, ein Housetrack über den der New Yorker Sänger Ahmad Larnes sehnsüchtig singt und dabei tanzbar Pop huldigt. Das tut das gesamte Album, auf dem Andrew Claristidge und Richard d’Albert mit analogem Charme Italo, House, Acid, und Elektronik kreuzen, ohne sich im Gewirr der Stile zu verzetteln.
Video: Acid Washed – Fire N´Rain