Die Beziehung von Kunst und Techno ist im besten Fall fragil zu nennen. Elitärer Bildungsbürgerhabitus passt selten zum alles vereinenden „Bumm Bumm für Besoffene“. Also müssten im vorliegenden Fall zunächst alle Alarmglocken schrill und lange läuten: Kölns gekrönter Technokönig Wolfgang Voigt – nicht gerade bekannt für einen scheuen Umgang mit „der Kunst“ und ein großer Freund von Konzepten – dreht für Kafkatrax eines oder mehrere Hörbücher von Franz Kafka durch die Mangel. Das Erstaunliche daran: Es gelingt ihm, auf jedem Parkett zu bestehen. Zu allererst daran interessiert, durch Cut-up-Effekte, Delay und Echo Stimmen zu verfremden, umzuschichten oder völlig neu beziehungsweise unverständlich erklingen zu lassen, tritt der Inhalt des Vorgelesenen restlos in den Hintergrund. Die menschliche Stimme wird in Sounds verwandelt und transportiert keine Nachrichten oder Botschaften mehr. Zumeist auf dem stoischen Groove einer typischen Voigt-Bassdrum liegend, erzeugt Voigt elf Stücke lang eine wahrhaft beklemmende und tatsächlich Kafka‘eske Sogwirkung, die aber genauso gut im Club ihre Berechtigung und Wirkung entfaltet, sowie auch als neuer Soundtrack zu Orson Welles’ Kafka-Verfilmung passen könnte. Eine großartige Verwandlung.
Video: Wolfgang Voigt – Endlich Unendlich