Eigentlich ist Dubstep ja „Randmusik“, entstanden im industriell geprägten Vorort Croydon am Südrand Londons und zusammengesetzt aus Klängen, die von den Straßenrändern der wuchernden britischen Metropole stammen. Margins Music ist deshalb auch ein passender title für das Debütalbum von Dusk & Blackdown (Keysound/Import). Zwar ist die eine Hälfte des Duos, Martin „Blackdown“ Clark, definitiv keine Randfigur der Szene, sondern als Musikjournalist und Blogger für das Wachstum des Genres mit verantwortlich. Doch die Musik, die er mit seinem Partner Dusk produziert, bewegt sich am Rand des Dubstep-Mainstreams und überschreitet Grenzen zu anderen musikalischen Welten. Auf dem Album finden sich Stücke mit pakistanischen und indischen Einflüssen, düstere und klaustrophobische Grimetracks und atmosphärische Zwischenspiele. Margins Music ist eine Art akustische Reportage über die marginalisierte Kultur auf Londons Straßen. „This Is London“ heißt eines der Stücke, und das ist alles andere als übertrieben.
Die Grenzen von Dubstep lotet auch das Album Take You Back (Argon/Import) von Matty G aus. Der stammt aus San Francisco und hat eine sehr kalifornische Version von Dubstep entwickelt: Seine Musik rollt wie ein tiefer gelegter Straßenkreuzer und strotzt nur so vor Verweisen auf HipHop und Funk. So verwendet er für „Matty’s Theme“ ein Sample aus Isaac Hayes Shaft-titlemelodie oder zitiert auf „Jazzy Ways“ Doug E. Freshs and the Get Fresh Crews Oldschool-Klassiker „La Di Da Di“. Manchmal ist Matty Gs Sound damit näher an G-Funk und Miami Bass als an Dubstep. Doch eigentlich tut er nichts anderes als Dusk & Blackdown: Er verarbeitet die musikalischen Einflüsse seiner Umgebung und macht auf diese Weise Dubstep an der amerikanischen Pazifikküste heimisch. Mehr von Matty G gibt es auch auf dem britischen Label Soul Shakerz zu hören, für das er einen Track von J:Kenzo mit dem title „Tekno Bass“ neu gemischt hat.
Die klassische Form von musikalischen Grenzüberschreitungen sind Remixe, und davon bietet der Herbst eine ganze Menge. Tempa zum Beispiel eröffnet eine Reihe von Remix-12-Inches mit Bearbeitungen von Skreams Klassiker „Mpopnight Request Line“. Zum Zug kommen dabei Hot Chip, die eine klasse Lärmlawine abliefern, und Switch, dessen wenig inspirierter Mix klar das Nachsehen hat. Martyn lässt für die Remixe von „Natural Selection“ und „Vancouver“ (3024/Import) den Posterboy der letzten Groove, Flying Lotus, sowie seinen eigenen holländischen Landsmann 2562 antreten, die bepope die Stücke gekonnt mit ihrem jeweils eigenen Touch versehen. „Selbst ist der Mann“, dachten wohl die Drum’n’Bass-Produzenten Kryptic Minds & Leon Switch und haben eine eigene Dubstep-Version ihres Tracks „Minor Nine“ (Defcom/Import) angefertigt. Zusätzlich haben sie Headhunter engagiert, dem es spielend gelingt, die Stimmung des Originals auf 140 Beats pro Minute zu konservieren.
Drum’n’Bass-Einflüsse sind auch auf „Yukon“ von Untold (Hemlock/Import) zu hören. Mit seinen verschachtelten Beats und summenden Bässen erinnert das Stück an Photek zu dessen besten Zeiten. Härteres Material liefert Luke Envoy mit „M.U.G.E.N.“ (Wonderland/Import), einem Tanzflächenfüller, der bereits seit längerer Zeit als Dubplate die Runde macht und jetzt endlich auch regulär erscheint. Mit Landslpope und Zed Bias melden sich unterdessen zwei Musiker zurück, die zu den wichtigsten Vertretern des dunklen 2Step-Sounds zählten, dem Vorgänger von Dubstep. Auf „Dreams & Visions“ (Black Acre/Import) vereint Landslpope gekonnt Dubstep-Beats mit Soulgesang, während Zed Bias mit „Solitary Drop/Colditz“ (Aquatic Lab) nahtlos an seinen von Breakbeats dominierten Sound aus 2Step-Zeiten anknüpft. Der „Mehr Bass!“-Preis für die beste Platte der Ausgabe geht schließlich an Pangaea. Mit „Router/You & I“ (Hessle Audio/Import) liefert der Produzent aus Leeds zwei traumhaft schöne Stücke ab, die in Sachen Melancholie und Tiefe locker mit Burial mithalten können.
Mehr Bass!
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