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MORPHOSIS What Have We Learned (M>O>S)

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What Have We Learned ist eines dieser Alben, die einem das Gefühl geben: Diese Musik wurde nur für mich geschrieben. Klingt egoistisch, ist aber als Verpflichtung zum Zuhören gemeint, als Verpflichtung für den Moment. Denn die Stücke holen tief Luft und erzählen von Orten, an denen die Geschäftigkeit der Menschen völlig unbedeutend ist. Orte, die vor dem inneren Auge flimmern, wie bei einem Kind, das eine Geschichte erzählt bekommt. Orte, die endlos sind, genau so wie es die Stücke der Platte andeuten. Aber eben nur andeuten, denn sie müssen ja irgendwann enden. Dennoch ist da immer wieder dieses tiefe Atmen und der Gedanke an einen nächtlichen Sternenhimmel. Zugegeben, derartige Space-Metaphern werden seit der Erfindung des ersten Synthesizers kräftig überstrapaziert. Aber wann hat es zuletzt so viel Freude bereitet, sich beim Hören einer neuen Platte solchen Fantastereien hinzugeben? Und wann war dieser Bezug zuletzt so klar gegeben wie am Ende des hypnotischen „Gates Of Night“, wo eine Stimme haucht: „You walk, surrounded by the stars, for many days and you knock on the gates of night – no answer.“

Was Rabih Beaini alias Morphosis hier auf seinem Album präsentiert, ist sehr zurückhaltender Techno mit klaren Einflüssen aus frühem Electro, Krautrock und Ambient. Eigentlich kaum vorstellbar, dass diese Musik in Venedig entstanden ist, wo der gebürtige Libanese seit 1996 lebt. Anderseits hat das alles mit Großstadtbeton auch nichts zu tun. Dafür sind die Stücke zu bedächtig, die Sounds zu weitflächig. Eine gewisse Nachdenklichkeit lässt sich ebenfalls nicht leugnen. Insofern ist der Titel des Albums auch als Beainis Resümee zu verstehen, das er nach fünfzehnjährigem Aufenthalt in Italien zieht, bevor er in Kürze zurück nach Libanon zieht. Eine Rückschau also, die auf jahrelanges Auflegen, Produzieren, Musizieren, die Gründung des Labels Morphine und nicht zuletzt auf das eigene Leben blickt.

Der Einsatz von arabischen Gesängen und Darbouka-Trommeln, wie man sie von früheren Morphosis-Releases kennt, ist einem improvisatorischen Ansatz gewichen: Während sich die Grooves, die oft nur aus einer Kick ohne Subbass, einer Hihat und eventuell ein paar Stabs bestehen, immer weiter vorwärts bewegen, modulieren darüber die Synthies, die oft klingen, als hätten sie eine eigene Stimme, und dabei an die Improvisation eines Jazzmusikers erinnern. Die Bühnenerfahrung mit dem Upperground Orchestra, bei dem Beaini mit Jazzmusikern zusammenarbeitet, dürfte hier ihre Spuren hinterlassen haben. Überhaupt hat das Klangbild durch seine Offenheit eher Live-Charakter. Nach Experiment hört sich das aber keinesfalls an. Morphosis weiß ganz genau, wie er die gewünschten Effekte erzielt, wann ein Stück besser ohne Beat auskommen sollte und wann es Zeit ist, die Studiogeräte mal ein wenig zu überfordern.

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