Von einem mehr oder weniger typischen Warp-Sound zu sprechen, ist ja nun schon seit einigen Jahren beim besten Willen nur noch schwer möglich (und war es, wenn es nach den Labelmachern geht, immer schon). Mit dem neusten Signing The Hundred In The Hands aber wagt sich der englische Traditionsbetrieb – selbst im Vergleich mit !!!, Jamie Lidell, Grizzly Bear oder Maximo Park – mit forschem Schritte weit hinaus in unerwartet poppiges Terrain. Eleanore Everdell und Jason Friedman, ansässig in Brooklyn, servieren ein in mindestens 35 Farbtönen flackerndes Stil-Potpourri, wie es heute zum guten Ton gehört. Dabei stehen richtig echtes Songwriting, Melodie und eingängige Hooks im Vordergrund, das Ganze fußt aber dennoch auf ausreichend vielschichtiger Klangforschung. Die dominante Klangästhetik von The Hundred In The Hands stammt vom Frühachtziger-Wave, augenscheinlich stark angelehnt am Schaffen von Blondie und, als Weiterführung in der Gegenwart, an die zahmeren Momente der Yeah Yeah Yeahs. Dieser Ansatz wird dann mal mehr in Richtung zickigem Postpunk gebogen, mal mehr Richtung Synthiepop, erhallt bald in der schwülstigen Extravaganz der Mutantdisco oder legt in sphärisch verhallten Momenten eine Nähe zu 4AD-Musikern wie den Cocteau Twins oder Kate Bush an den Tag. Blubbernde Basslines und zuckersüß rumpelnde Beats, eckige Gitarrenriffs und verhuschte Traum-gesänge, aufgenommen einerseits im DIY-Modus, andererseits aber auch mit prominenter Produzentenunterstützung von Richard X oder Eric Broucek und Jacques Renault aus dem DFA-Camp. Das alles zusammen ergibt ein angenehm zerfahrenes Popalbum, auf dem sich – wenngleich der eine oder andere Song auf der Suche nach Eingängigkeit dann doch zu seichtem Bubblegum wird – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sich die Hände reichen und die drögen Kategorien „Mainstream“ und „Underground“ aufs Schönste aufgehoben sind.
THE HUNDRED IN THE HANDS The Hundred In The Hands (Warp)
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