Mitte der neunziger Jahre revolutionierte Matthew Herbert die elektronische Tanzmusik gleich dreifach: Techno als Wishmountain, Electronica als Dr. Rockit und House als Herbert. Seine Wirkung auf House war am heftigsten und nachhaltigsten. In dieser Zeit erschienen viele der damals rulenden US-House-Helden als zynische Superstars, deren Produktionen immer formelhafter wurden. Herbert entwickelte besonders durch sein verfeinertes Sound-Design eine bis dahin unbekannten Sweetness, Zartheit und Charmantheit. In anderen Tracks erfand er eine ebenso originelle Drastik, eine Überdrehtheit, die den Gefühlshaushalt von House extrem intensivierte – dieses Moment haben später die Freaks oder Cabanne & Ark weiterverfolgt. Sein Gespür für Grooves ist unvergleichlich: immer wieder fügen sich scheinbar disparate Elemente auf ganz unwahrscheinliche Weise zu perfekten Tracks. Ursprünglich erschienen seine maßgeblichen House-Stücke auf fünf „Part 1“ bis „Part 5“ betitelten Maxis. Später wurden sie auf einer CD zusammengefasst, die jetzt, um eine zweite CD mit bisher unveröffentlichten Stücken ergänzt, noch einmal erscheint. Auf der Bonus-CD ist bisher an obskuren Orten erschienenes und unveröffentlichtes Material versammelt: Manche dieser Tracks kündigen schon seine Auseinandersetzung mit Jazz an, sehr außergewöhnlich ist das Acid-Experiment „No More Borders“. 100 lbs ist nach wie vor unverzichtbare Musik – auch weil Herbert in den letzen Jahren kaum noch Dancetracks produziert hat.